Faeser: Kein Tiktok-Verbot in Deutschland

In den USA wird wegen der Verbindungen nach China über ein Verbot von Tiktok diskutiert. Für Deutschland sieht Innenministerin Nancy Faeser keine Grundlage für ein generelles Verbot der App. Man müsse jedoch verstärkt darüber aufklären, dass es sich bei Tiktok um eine Firma handele, bei der "die Daten natürlich abfließen können", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Washington.

Tiktok-Chef muss im US-Kongress erscheinen

Tiktok steht zunehmend unter politischem Druck, weil die Plattform zum aus China stammenden Bytedance-Konzern gehört. Am Donnerstag musste sich Firmenchef Shou Zi Chew Fragen von US-Abgeordneten im Kongress stellen. Shou Zi Chew schlug bei der Befragung tiefes Misstrauen und Ablehnung entgegen. In der rund fünfstündigen Anhörung betonten die Demokraten von Präsident Joe Biden und die Republikaner in seltener Eintracht, dass bisherige Schritte zur Abschottung von US-Daten der Kurzvideo-App vom aus China stammenden Mutterkonzern Bytedance ihnen nicht ausreichten. In den USA hat der Dienst mehr als 150 Millionen Nutzer. Auch in Deutschland ist er weit verbreitet. Weltweit hat Tiktok mehr als eine Milliarde Nutzer.

Furcht vor chinesischer Spionage

Tiktok ist die einzige auch im Westen erfolgreiche Online-Plattform, die nicht aus den USA stammt. In den USA und Europa gibt es zunehmend Sorge, dass chinesische Behörden und Geheimdienste damit Informationen von Nutzern sammeln oder Nutzer beeinflussen könnten. Die US-Regierung fordert nach Medienberichten den Ausstieg chinesischer Anteilseigner. Tiktok weist solche Vorwürfe zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei zu 60% im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20% die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe.

Verbot der App auf Dienst-Handys von Regierungsmitarbeitern in mehreren Ländern

In den USA, Kanada und Großbritannien ist die App auf Dienst-Handys von Regierungsmitarbeitern verboten, auch bei der EU-Kommission. Im US-Kongress ist zudem ein Gesetz in Arbeit, das Präsident Joe Biden die Vollmachten für ein komplettes Verbot der App geben könnte. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte versucht, mit einer Verbotsdrohung einen Verkauf des internationalen Geschäfts von Tiktok zu erzwingen. Er wurde jedoch von US-Gerichten gestoppt, die eine mangelhafte rechtliche Grundlage für das Vorgehen sahen.

Tiktok will mehr Transparenz schaffen

Tiktok betont, man habe nie Datenanfragen von der chinesischen Regierung bekommen und würde solchen auch nicht nachkommen, weil es dafür keine rechtliche Grundlage gebe. Der Dienst versucht, die Bedenken mit Versprechen von mehr Transparenz auszuräumen. So sollen Daten europäischer Nutzer in drei Rechenzentren in Europa gespeichert werden. Bisher lagern sie in Singapur und den USA. Auch werde ein unabhängiger Partner den Datenfluss und den Zugang zu Informationen überwachen. In den USA lässt Tiktok den Softwarecode seiner App in einer ähnlichen Struktur vom Software-Konzern Oracle prüfen.

Faeser will gegen staatliche Einflussnahme aus China vorgehen

Faeser will allgemein gegen staatliche Einflussnahme aus China vorgehen. "Wir kommen gerade aus einer starken Abhängigkeit von Russland in der Energieversorgung. Wir wollen nicht weitere Abhängigkeiten schaffen", sagte die SPD-Politikerin. Man achte sehr darauf, dass man staatliche Einflussnahme durch China möglichst frühzeitig erkenne, betonte sie mit Blick auf Tiktok. Sie wolle bei ihrem Besuch in den USA auch über die Einflussnahme durch Desinfomationskampagnen sprechen, die von Russland und China gesteuert würden.

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2023 (dpa).