Fachausschuss: Berufliche Bildung soll attraktiver werden

Angesichts des demographischen Wandels und der Tendenz, dass immer mehr junge Menschen einen möglichst hohen Bildungsabschluss anstreben, soll die berufliche Bildung künftig attraktiver gestaltet werden. Wie der parlamentarische Pressedienst berichtete, ist dies ein Fazit aus dem Fachgespräch über die Situation der beruflichen Bildung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Anlass des Gesprächs waren der Berufsbildungsbericht 2017 der Bundesregierung (BT-Drs. 18/11969) und zwei Anträge der Koalitionsfraktionen (BT-Drs. 18/4928 und 18/1451). Ebenfalls debattiert wurden zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 18/12361) und der Fraktion Die Linke (BT-Drs. 18/10281) zur Reform der beruflichen Bildung.

Experte: Drei besonders dringende "Baustellen"

Es sei eine besondere Stärke des deutschen Systems der beruflichen Bildung, dass Arbeitsmarkt und Bildungssystem dabei "eng gekoppelt" seien, sagte Matthias Anbuhl, Abteilungsleiter Bildungspolitik und Bildungsarbeit beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), in seiner Stellungnahme. Dennoch gebe es aktuell drei besonders dringende "Baustellen". Zum einen gebe es rund 1,2 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss – in jedem Jahrgang schafften rund 120.000 Schulabgänger den Übergang von Schule zu Ausbildung nicht. Zum zweiten müsse die berufliche Bildung stärker in den Blick genommen werden; nötig seien sowohl Investitionen in Gebäude als auch die Stärkung des Lehrernachwuchses. Anbuhl forderte daher einen "Pakt für berufsbildende Schulen". Zum dritten stelle die Digitalisierung eine "zentrale Herausforderung" dar. Gerade in diesem Punkt müsse man stärker auf die Qualifizierung der betrieblichen Ausbilder schauen.

Chancengleichheit und Zugang für alle gefordert

Für Manuela Conte, Abteilungsleiter Berufliche Bildung, Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), ist es wichtig, die Attraktivität der beruflichen Ausbildung weiter zu stärken. Sie müsse sich durch Chancengleichheit und den Zugang für alle auszeichnen und dürfe nicht an finanziellen Hürden scheitern. Conte forderte, Qualitätsstandards für die Ausbildung festzuschreiben und dem dualen Studium Rechtssicherheit einzuräumen. Dies sei aktuell "extrem intransparent".

Berufliche Perspektive für Flüchtlinge angemahnt

Dass es im Sinn der Integration wichtig sei, den vielen jungen Flüchtlingen in Deutschland eine berufliche Perspektive zu verschaffen und ihnen den Zugang in das Bildungssystem zu gewähren, betonte Claudia Karstens, Referentin für Migrationssozialarbeit und Jugendsozialarbeit beim Paritätischen Gesamtverband. Die Gleichung "Schutzquote gleich Bleibeperspektive" sei "ein Trugschluss". Wer nur Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive fördern wolle, wiederhole alte Fehler und schaffe neue Exklusionen.

Unionsfraktion sieht Probleme für kleine Betriebe

Für die Unionsfraktion war nach Anhörung der Sachverständigen klar, dass in Sachen Berufsbildung in dieser Legislatur "einiges richtig" gelaufen sei. Die Berufsbildung sei offen in der Breite, "in der Spitze" bleibe noch einiges zu tun. Problematisch sei, dass Ausbildung mittelfristig wegfalle, wenn kleine und kleinste Betriebe ihre Ausbildungsstellen nicht besetzen könnten. Hier müsse man alle Verbündeten zusammenbringen.

SPD kritisiert Diskussion um vermeintlichen "Akademisierungswahn"

Abgeordnete der SPD betonten, es sei ein Fehler, von einem vermeintlichen "Akademisierungswahn" zu sprechen – Jugendliche träfen in der Regel "stichhaltige Entscheidungen" über ihren Beruf. Man müsse fragen, ob die großen Unternehmen ihren Anforderungen, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, gerecht würden. Gleichzeitig sehe man mit Sorge, dass Methodik und Didaktik bei der Ausbildung der Berufsschullehrer nicht mehr so gut seien, wie sie einmal waren.

Grüne stellen Integration der Flüchtlinge in den Mittelpunkt

Die Linke benannte es als Problem, dass so viele Jugendliche, die einmal im Übergangssystem gelandet seien, von dort nicht in Ausbildung kämen. Besorgniserregend sei auch, dass nur noch 52% der ausbildungsberechtigten Betriebe auch ausbilden würden. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht es aktuell vor allem um eine Integration der Flüchtlinge. Verstricke man sich dabei nicht in "Klein-Klein-Debatten", könne dies zu einer Situation führen, von der alle Beteiligten profitieren.

Redaktion beck-aktuell, 31. Mai 2017.

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