LG Würzburg verhandelte über Prüfpflichten Facebooks bei umstrittenen Inhalten

Im dem vor dem Würzburger Landgericht geführten Prozess des syrischen Flüchtlings Anas M. gegen Facebook wegen verleumderischer Fotomontagen, die ein Selfie des Betroffenen neben Terroristen zeigen, prüfen die Facebook-Anwälte auf Vorschlag des Gerichts, ob die beanstandeten Bilder europaweit gelöscht werden. Die Verhandlung ist insoweit vertagt worden. Sollte es zu keiner Einigung kommen, will das Gericht im März eine Entscheidung verkünden. “Wir erlassen einstweilige Verfügungen nur dann, wenn uns alles hundertprozentig plausibel erscheint“, sagte der Vorsitzende Richter am 07.02.2017.

Facebooks Löschungsverpflichtungen im Fokus

Das Gericht hatte zunächst einen Vergleich vorgeschlagen, der die Zahlung eines Schmerzensgelds beinhaltete - Facebook lehnte jedoch ab. Grundfrage des Prozesses ist, in welchem Ausmaß Facebook selbst tätig werden muss, um unzulässige Inhalte von seiner Plattform zu tilgen. Der Flüchtling Anas M. hatte eine einstweilige Verfügung gegen Facebook beantragt, weil ein Selfie, das er mit Angela Merkel gemacht hatte, mehrfach neben Fahndungsfotos von Terroristen montiert worden war. Damit wurde der fälschliche Anschein erweckt, er sei ein gesuchter Terrorist. “Das Foto hat mein Leben verändert“, sagte er am 06.02.2017. In der Schule werde über ihn gelacht, viele Menschen redeten schlecht über ihn.

Facebook entfernt nicht auch geteilte Posts

Die Posts, die ihn neben Terroristen zeigen, wurden hundertfach geteilt. Facebook entfernte die Ausgangs-Beiträge. Anas M. wollte aber erreichen, dass Facebook von sich aus auch alle Posts, die den rechtswidrigen Inhalt teilen, finden und löschen muss. Sein Anwalt argumentierte, die Bilder seien lediglich in Deutschland gesperrt und könnten aus dem Ausland abgerufen werden. Zudem seien sie erneut hochgeladen worden. Als Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook hätte das soziale Netzwerk die Bilder trotz Meldung durch Nutzer häufig nicht angesehen. Facebooks Anwälte verwiesen darauf, dass ein Filtern sämtlicher neuer Bilder und Inhalte erheblichen Aufwand erfordere. Ob sie den betreiben wollen oder eventuell müssen, entscheidet das Gericht - zumindest für diese Instanz - in drei Wochen.

Anwalt wartet auf Reaktion Facebooks

Der Anwalt von Anas M. sieht nach der Verhandlung das soziale Netzwerk am Zug. "Jetzt muss Facebook reagieren", sagte Chan-jo Jun. Das Netzwerk müsse entscheiden, ob es auf den vorgeschlagenen Vergleich eingehen wolle, alle verleumdenden Fotomontagen von Anas M. europaweit zu löschen. Danach werde er mit seinem Mandanten besprechen, ob ein solcher Vergleich auch für ihn infrage komme. Jun sagte allerdings zu dem Vergleichsvorschlag: "Die wichtigen rechtlichen Fragen blieben dann ungeklärt." Sein eigentliches Ziel sei, dass Facebook nach Kopien der verleumdenden Fotomontagen in seinem Netzwerk suchen und sie entfernen müsse. Zudem soll Facebook auch künftig verhindern, dass gleiche Bilder wieder hochgeladen werden. "Der Unterschied ist, dass sie im Falle eines Vergleichs nicht proaktiv danach suchen müssten."

Redaktion beck-aktuell, 7. Februar 2017 (dpa).

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