Klarnamenpflicht in Facebooks Nutzungsbedingungen
In den aktuellen Nutzungsbedingungen des Netzwerks heißt es unter dem Punkt "Wer Facebook nutzen kann": "Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Aus diesem Grund musst du Folgendes tun: Denselben Namen verwenden, den du auch im täglichen Leben verwendest." Es folgen weitere Plattform-Regeln. Die beiden Kläger, ein Mann und eine Frau, hatten Fantasienamen benutzt. Facebook hatte sie zunächst vergeblich aufgefordert, ihren Namen zu ändern, und die Konten 2018 schließlich gesperrt. Beiden Nutzern dürfte nun zugutekommen, dass für ihre Fälle alte Nutzungsbedingungen von 2015 und Anfang 2018 relevant sind. Seit Mai 2018 gilt in der Europäischen Union ein neues Datenschutzrecht.
Recht auf pseudonyme Nutzung in Deutschland?
Das deutsche Telemediengesetz verpflichtet Anbieter, die Nutzung und Bezahlung ihrer Dienste "anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist". Das alte EU-Recht stand dem nicht entgegen. Die neue EU-Datenschutzgrundverordnung enthält allerdings ausdrücklich keine solche Bestimmung. Das Oberlandesgericht München, das zuletzt über die Klagen der Nutzer geurteilt hatte, sah vor diesem Hintergrund Facebook im Recht. Deutschland habe damals versucht, ein Recht auf pseudonyme Nutzung in die EU-Verordnung hinein zu verhandeln, sich damit aber nicht durchsetzen können. Der deutsche Paragraf sei nun im Sinne des Unionsrechts auszulegen. Das Ergebnis: Facebook müsse nicht gegen die eigenen Überzeugungen Pseudonyme zulassen.
BGH will nach alter Rechtslage entscheiden
Die BGH-Richter wollen die Fälle nun aber nach alter Rechtslage entscheiden. Aus der nachträglichen Änderung ergebe sich keine Wirksamkeit der AGB-Regel, sagte der Vorsitzende Ulrich Herrmann. Eine Sprecherin des in Meta umbenannten Konzerns teilte mit, Facebook bedauere die vorläufige Auffassung des Gerichts. "Wir sind überzeugt, dass Menschen mehr Verantwortung für ihre Aussagen und Handlungen übernehmen, wenn sie ihren echten Namen auf Facebook verwenden." Das Netzwerk hält die Klarnamenpflicht für ein wirksames Mittel, um die Hemmschwelle für Beleidigungen, Mobbing und Hassrede zu erhöhen. Facebooks Vertreter vor dem BGH, Christian Rohnke, gab außerdem zu bedenken, aus der Entscheidung könnten unterschiedliche Rechtslagen für verschiedene Nutzer entstehen. Die Betreiber hätten Interesse an einheitlichen Nutzungsbedingungen. Facebook sei in erster Linie für den Austausch zwischen Freunden und Bekannten entstanden, nicht als Diskussionsplattform. Das Konzept sei nicht auf Anonymität angelegt.
Kläger: Auch ohne Klarnamen Identifikation möglich
BGH-Anwalt Herbert Geisler widersprach für die Kläger: "Es ist ein öffentliches Medium, das marktbeherrschend ist." Hier werde das hohe Gut der Meinungsfreiheit missachtet. Hassrede sei natürlich nicht geschützt, aber dafür seien die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Der Kläger-Anwalt aus den Vorinstanzen, Christian Stahl, sagte nach der Verhandlung, zur Identifikation von Tätern brauche man nicht den Klarnamen im Internet, das sei vorgeschoben. "Dafür hat Facebook ja die Kontaktdaten der Nutzer." Es gehe darum, Minderheiten zum Schweigen zu bringen. "Man will erreichen, dass Menschen eben nur noch dann ihre Meinung äußern, wenn sie der Mehrheit entspricht."