Facebook: Gesetz gegen Hass im Netz verfassungswidrig und ineffizient

Facebook wehrt sich mit scharfen Worten gegen das von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz. Der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken, kritisierte das weltgrößte Online-Netzwerk in einer ersten ausführlichen Stellungnahme zu dem Entwurf. Zudem gebe es das Risiko, dass sich mehr Menschen radikalisierten, weil sie auf nicht regulierte Plattformen abwandern.

Entwurf soll noch vor Sommerpause durch Bundestag

Der Entwurf sieht vor, dass offenkundig strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden sollen. In komplizierteren Fällen bekommen die sozialen Netzwerke sieben Tage Zeit. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Gegen den Gesetzentwurf gibt es bereits erheblichen Widerstand, unter anderem von Journalisten- und Wirtschaftsverbänden. Maas will ihn noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen. Wenn ihm das nicht gelingt, wäre der Gesetzentwurf mit Ablauf der Wahlperiode obsolet.

Facebook sieht Gefahr der Löschung auch legitimer Beiträge

"Private soziale Netzwerke unter Androhung von Bußgeldern zu verpflichten, Posts zu löschen, kann ein effektives Mittel sein, um kritische politische, gesamtgesellschaftliche oder themensensible Meinungsäußerungen aus den sozialen Netzwerken zu verbannen“, warnte Facebook.in seiner Stellungnahme, die am 29.05.2017 bekannt wurde. Es sei zu befürchten, so Facebook, dass am Ende zur Sicherheit auch legitime Beiträge entfernt werden. Alle Online-Netzwerke würden sich "die Frage stellen, ob sie bei einem - wie praktisch häufig - nicht eindeutigen Ergebnis ihrer Prüfung zur Vermeidung von hohen Bußgeldern Beiträge eher löschen als bestehen lassen“. So könne für Nutzer "der Eindruck entstehen, dass private soziale Netzwerke legitime Beiträge auf staatlichen Druck zensieren". Eine mögliche "unbeabsichtigte Folge" könne sein, dass solche Nutzer auf andere, nicht regulierte Plattformen abwandern.

Für Ausbau des Systems der Selbstregulierung

Zudem beklagt Facebook unpräzise Formulierungen wie eine unscharfe Definition des Begriffs "soziales Netzwerk“. Bei der Bagatellgrenze von zwei Millionen Nutzern, ab der das Netzwerkdurchsetzungsgesetz greifen soll, bleibe unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahl bezieht und wie dabei mit Mehrfach- oder Fake-Accounts umgegangen werde. Der Entwurf sei "mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgrundsatz unvereinbar“, resümierte Facebook. Das Unternehmen sprach sich stattdessen dafür aus, das "vielversprechende" aktuelle System der Selbstregulierung auszubauen. "Der Rechtsstaat darf die eigenen Versäumnisse und die Verantwortung nicht auf private Unternehmen abwälzen. Die Verhinderung und Bekämpfung von Hate Speech und Falschmeldungen ist eine öffentliche Aufgabe, der sich der Staat nicht entziehen darf.“

Justizminister: Strafrecht begrenzt Meinungsfreiheit

Das Justizministerium verwies auf frühere Äußerungen von Heiko Maas zu ähnlichen Argumenten. So hatte er sich bereits gegen den Vorwurf gewandt, das Gesetz könne zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen. Es gehe "darum, dass Äußerungen, die gegen Strafgesetze verstoßen, aus dem Netz gelöscht werden", schrieb Maas unter anderem in einem Facebook-Eintrag vor rund zehn Tagen. "Die Meinungsfreiheit endet eben da, wo das Strafrecht beginnt.“

Maas: Wirtschaftliches Interesse spricht gegen umfassende Löschung rechtmäßiger Beiträge

Auch teilt der Bundesjustizminister die Befürchtung nicht, dass die Netzwerke aus Furcht vor Sanktionen lieber einmal mehr als einmal zu wenig löschen, so wie von Facebook befürchtet. "Die Betreiber der sozialen Netzwerke haben ein wirtschaftliches Interesse an allem, was bei Ihnen erscheint. Mit jedem einzelnen Post, Tweet oder Beitrag verdienen sie Geld. Ihr wirtschaftliches Interesse spräche also dagegen, dass Sie nun umfassend auch Einträge löschen, die nicht strafbar sind.“

Redaktion beck-aktuell, 30. Mai 2017 (dpa).

Mehr zum Thema