Mehr als 75.000 Entlassungen seit dem Putschversuch
Die türkische Führung hat nach den Ereignissen vom 15.07.2016 mehr als 75.000 Menschen entlassen. Ihnen werden Verbindungen zu der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen, den die Regierung für den Putschversuch verantwortlich macht.
Rechtsexperten für unabhängiges Ad-hoc-Gremium zur Kontrolle der Entlassungen
Die Venedig-Kommission, die die Mitgliedsländer des Europarats in verfassungsrechtlichen Fragen berät, kritisierte, dass die Entlassungen anscheinend keiner Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte unterlägen. Es sei unklar, ob das türkische Verfassungsgericht die Macht habe, die Verfassungskonformität der Notstandsdekrete uneingeschränkt zu überprüfen. Die Rechtsexperten unterstützten die Idee, ein unabhängiges Ad-hoc-Gremium einzurichten, das einzelne Fälle von Entlassungen überprüfen soll.
Europäisches Gericht für Menschenrichte sieht Lage anders
Erst am 08.12.2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, ebenfalls eine Einrichtung des Europarats, die Beschwerde eines entlassenen Lehrers zurückgewiesen. Die Straßburger Richter schätzten die Lage der türkischen Justiz anders ein als die Venedig-Kommission: Noch habe das türkische Verfassungsgericht nicht entschieden, ob es Klagen gegen Maßnahmen nach den Notstandsdekreten nicht doch prüfen könne. Die Frage sei jedenfalls sehr umstritten.
Keine Stellungnahme zu tausenden Festnahmen
Außen vor lässt die Venedig-Kommission in ihrer Stellungnahme die zahlreichen Festnahmen. Seit dem Putschversuch wurden nach Medienangaben mehr als 36.000 Menschen in Untersuchungshaft genommen. Erst am Freitag wurden 51 Akademiker der Istanbul-Universität festgenommen, nach 36 weiteren wurde noch gefahndet.