Elektrokleinstfahrzeuge sollen auf Radwegen gefahren werden dürfen
Der Sitzung lag ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel: "E-Scooter und Hoverboards jetzt bürgerfreundlich zulassen – Flexible Mobilität schnell und innovativ ermöglichen" (BT-Drs. 19/8543) zugrunde. Von der Verordnung erfasst werden sollen Fahrzeuge ohne Sitz oder selbstbalancierende Fahrzeuge mit oder ohne Sitz, die eine Lenk- oder Haltestange haben, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 und 20 km/h liegt und die verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderungen im Bereich von Brems- und Lichtsystem erfüllen. Nach dem Verordnungsentwurf sollen Elektrokleinstfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 12 km/h grundsätzlich Radwege befahren und ab Vollendung des 14. Lebensjahrs genutzt werden können. Fahrzeuge mit bis zu 12 km/h dürfen auf Fußwegen gefahren und ab zwölf Jahren genutzt werden.
Experten lehnen Gehwegnutzung wegen Gefahrenpotenzial ab
Nicht nur im Bundesrat, sondern auch bei den zu der Anhörung geladenen Experten stieß die Gehwegnutzung durch Elektrokleinstfahrzeuge auf Ablehnung. Kurt Bodewig von der Deutschen Verkehrswacht sprach von einer erheblichen Gefahrenquelle für Fußgänger. Seiner Ansicht nach ist zudem der Nachweis einer Mofa-Prüfbescheinigung zwingend notwendig. Auch sollte ein Mindestalter von 15 Jahren festgelegt werden. Christian Kellner vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat bewertete das ähnlich. Er habe die Sorge, dass Kinder helmlos auf der Fahrbahn mit Elektrokleinstfahrzeugen unterwegs sein könnten und damit einer erheblichen Gefahr ausgesetzt seien. Anders etwa als Pedelecs (Elektrofahrräder) seien Elektrokleinstfahrzeuge zuallererst Kraftfahrzeuge.
Verhaltensforschungen zwecks Risikoabschätzung gefordert
Darauf wies auch Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hin. Fahrzeuge, mit einer Geschwindigkeit von mehr als 6 km/h (Schrittgeschwindigkeit), die ohne Muskelkraft betrieben würden, unterfielen dem Pflichtversicherungsgesetz. Eine Versicherung über die private Haftpflichtversicherung sei ausgeschlossen, sagte er. Es gehe nicht darum, Elektrokleinstfahrzeuge zu verhindern, betonte Brockmann. Um deren Risiken besser abschätzen zu können, brauche es aber Verhaltensforschungen. Forschungsbedarf sah auch Karsten Lemmer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Das betreffe die Unfallvermeidung ebenso wie die Frage, ob Elektrokleinstfahrzeuge andere Mobilitätsformen verdrängen können. Lemmer warb zugleich für eine Offenheit gegenüber neuen Formen der Mobilität. Es gelte jedoch nicht nur zu betrachten, was technisch möglich sei, sondern auch, was Akzeptanz finden könne.
Gefährdung Sehbehinderter geltend gemacht
Hilke Groenewold vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband sagte, Blinde und Sehbehinderte seien auf den "Schutzraum Gehweg" angewiesen. Verkehrten dort Elektrokleinstfahrzeuge, stelle das eine Gefahr dar. Eine Ausnahme sei gerechtfertigt, wenn Gehbehinderte Elektrokleinstfahrzeuge mit maximal 6 km/h nutzen.
Gehwege als für zu schmal erachtet
International sei es so, dass die Nutzung der Gehwege teils von vornherein nicht erlaubt oder im Nachgang verboten worden sei, sagte Roland Stimpel von Fuss e.V. "Elektrokleinstfahrzeuge auf Gehwegen vernichten Mobilität", sagte er. Zudem seien viele Gehwege zu schmal. Die empfohlene minimale Wegbreite werde vielfach nicht erreicht und teils auch von Kommunen bewusst unterschritten.
Einbindung kommunaler Straßenverkehrsbehörden gefordert
Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag kritisierte, die Kommunalvertreter seien in die Schaffung der Verordnung nicht eingebunden worden. Es dürfe aber nicht sein, dass der Bund großzügige Regelungen vorlege und Gehwege und Fußgängerbereiche generell freigebe. Dies müsse den kommunalen Straßenverkehrsbehörden im Einzelfall überlassen bleiben, forderte er.
Einheitliche Regelung für alle Elektrokleinstfahrzeuge für sinnvoll erachtet
Lars Zemke vom Bundesverband Elektrokleinstfahrzeuge zeigte sich erfreut, dass durch eine Verordnung Elektrokleinstfahrzeuge legalisiert werden sollen. Seiner Auffassung nach ist eine Gleichstellung mit Pedelecs sinnvoll. Eine Versicherung, so Lemke, sollte bei Elektrokleinstfahrzeugen bis 25 km/h durch die normale Privathaftpflicht gegeben sein. Gerade bei Elektrokleinstfahrzeugen für Kinder erscheine ihm das vollkommen angemessen, sagte Zemke. Statt verschiedene Sonderreglungen zu erlassen – für Fahrzeuge mit oder ohne Lenkstange – müssten aus seiner Sicht alle Elektrokleinstfahrzeuge beachtet und einheitlich legalisiert werden.