Koalitionskompromiss
CDU, CSU und SPD hatten sich am 25.08.2020 darauf verständigt, bei der Bundestagswahl 2021 Überhangmandate einer Partei teilweise mit ihren Listenmandaten zu verrechnen. In welchem Umfang das geschehen soll, ist allerdings noch nicht bekannt. Zudem sollen bis zu drei Überhangmandate nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden, wenn die Regelgröße des Bundestags von 598 Sitzen überschritten wird.
Bundestag hätte heute etwa 690 statt 709 Sitze
Diese beiden dämpfenden Schritte hätten ausgehend vom Wahlergebnis 2017 zur Folge, dass der Bundestag heute nicht 709 Sitze, sondern knapp unter 700 Sitze hätte – circa 690, sagte Hesse unter Verweis auf eigene Berechnungen. "Ganz präzise kann man es nicht sagen, weil da noch einige Unklarheiten bei den Formulierungen sind, was die Koalition genau will."
Verzerrende Wirkung durch Nichtausgleich von Überhangmandaten
Einen "unschönen Aspekt" nannte Hesse die Absicht, bis zu drei Überhangmandate unausgeglichen zu lassen. "Damit ist eine verzerrende Wirkung verbunden. Unter Fairnessgesichtspunkten ist das nicht zu begründen." Eine viel stärkere Wirkung auf die Größe des Bundestags hätte laut Hesse eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise – was die Koalition aber erst für die Wahl 2025 anpacken will. "Die effektivste Maßnahme zur Verkleinerung des Bundestags ist tatsächlich die Verringerung der Zahl der Wahlkreise."
Hesse legte vermittelndes Modell vor
Hesse ist ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Wahlrechts. Er trat zum Beispiel 2012 vor dem Bundesverfassungsgericht als Gutachter in einem Verfahren zum Wahlrecht auf. Er hat ein eigenes Modell für eine Wahlrechtsreform vorgelegt, das etwa in der Mitte der ursprünglichen Vorstellungen von CDU/CSU, SPD sowie FDP/Grünen/Linken liegt.