Die Hoffnung von Nebenklägern auf Aufklärung bleibt nach Ansicht des Opferbeauftragten des Landes Berlin, Roland Weber, in Strafprozessen oft unerfüllt. "Ein Strafprozess soll klären, ob die Angeklagten eine persönliche Schuld tragen im Sinne des Strafrechts", sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur vor dem Loveparade-Strafprozess. Die Richter "sitzen nicht da, weil sie den Opfern eine Sachverhaltsaufklärung bieten wollen". So hätten die Angeklagten etwa das Recht zu schweigen. Dieser Widerspruch lasse sich ganz oft nicht auflösen, sagte Weber (50), der als Rechtsanwalt Nebenkläger in Strafprozessen vertritt.
Gericht muss so objektiv wie möglich aufklären
Das Gericht müsse so objektiv wie möglich aufklären. Ob dies gelinge, hänge auch von den Informationen ab, die ihm zur Verfügung stünden. So müsse sich ein Zeuge bei seiner Aussage nicht selbst belasten und schweige deswegen mitunter. Oder es fehlten Beweismittel, weil sie verloren gegangen oder vernichtet worden seien. "Ich erlebe ganz regelmäßig, dass am Ende des Prozesses der Sachverhalt nicht so aufgeklärt werden konnte wie erhofft."
Nebenkläger kann Fragen in Prozess einbringen
Nach Webers Angaben macht es einen großen Unterschied, ob jemand als Nebenkläger oder nur als Zuschauer an einem Prozess teilnimmt. "Ein Nebenkläger ist mit eigenen Rechten ausgestattet. Er kann etwa über seinen Anwalt Fragen stellen." Die Möglichkeit, sich einzubringen, sei für viele ganz wichtig. Auch habe man einen reservierten Platz und müsse sich morgens nicht anstellen für einen Sitzplatz.
Fragen der Nebenkläger bleiben oft offen
Nur selten wünschten sich Nebenkläger eine hohe Strafe. Im Vordergrund stehe der Wunsch zu erfahren, warum eine Tat geschehen sei. Mitunter bekämen Betroffene im Prozess keine Antworten oder nur ein paar. "Dann wächst die Unzufriedenheit." Hinzu kämen noch die finanziellen Belastungen, selbst wenn die Nebenkläger Prozesskostenhilfe bekämen. So würden etwa Reise- und Hotelkosten oder ein Verdienstausfall nicht erstattet.
Redaktion beck-aktuell, 20. November 2017 (dpa).
Aus der Datenbank beck-online
Jahn/Bung, Die Grenzen der Nebenklagebefugnis, StV 2012, 754
Aus dem Nachrichtenarchiv
Nordrhein-Westfalen: Justiz bekommt zusätzliches Personal für Loveparade-Prozess, Meldung vom 08.09.2017, becklink 2007746
OLG Düsseldorf eröffnet Loveparade-Strafverfahren vor LG Duisburg, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 24.04.2017, becklink 2006429
Hinterbliebene der Opfer der Loveparade-Katastrophe drängen mit Unterschriftenliste auf Durchführung eines Strafverfahrens, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 25.07.2016, becklink 2003949
LG Duisburg lehnt Loveparade-Strafprozess ab - keine Hauptverhandlung, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 05.04.2016, becklink 2002894
Loveparade-Katastrophe: LG Duisburg will im Frühjahr 2016 über Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 05.02.2016, becklink 2002363