Polnischer Ex-Präsident Walesa fordert EU-Beistand gegen umstrittene Justizreformen

Der polnische Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hat die EU-Partner aufgefordert, seine Heimat vor umstrittenen Gesetzen der nationalkonservativen Warschauer Regierung zu schützen. Die Regierung würde eigennützige Gesetze durchbringen, die gegen Polens Verfassung verstießen, sagte Walesa.

Kritiker sehen Unabhängigkeit des Gerichtswesens in Polen bedroht

Kritiker sehen nach Justizreformen der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS die Unabhängigkeit des Gerichtswesens in Polen bedroht. Die EU-Kommission leitete ein Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten ein, durch das Polen seine Stimmrechte im EU-Ministerrat verlieren könnte. Bisher geben Warschaus Nationalkonservative trotz des Drucks der EU-Kommission, die am 24.09.2018 gegen eines der Justizgesetze vor dem Europäischen Gerichtshof Klage erhoben hat, nicht nach. Walesa betonte: "Wir brauchen heute globale Solidarität." 

Oberste Richter der EU-Staaten beklagen wachsenden Regierungseinfluss auf polnische Justiz

Das Netzwerk der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union erneuerte seine Kritik an der Justizreform in Polen. Anlass zu deutlicher Kritik und fortdauernder Sorge biete nicht nur die Entfernung von Richtern des Obersten Gerichts aus Altersgründen, sondern auch der "wachsende Einfluss der polnischen Regierungskreise auf die polnische Justiz im Ganzen", hieß es in einer Erklärung des Netzwerks.

Walesa: Deutsch-polnische Beziehungen dürfen nicht zerstört werden

Unter der PiS habe auch das Verhältnis zu Deutschland gelitten, meinte Walesa. Die nationalkonservativen Politiker würden alte Wunden öffnen, die tragische Geschichte zwischen den Völkern ausnutzen und Ressentiments ausspielen, bemängelte er. Seit 2017 werden aus PiS-Kreisen Forderungen nach Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg laut. Offizielle Ansprüche stellte Warschau an Deutschland bisher nicht. Walesa betonte: "Was Deutschland und Polen in ihren Beziehungen bis heute erreicht haben, darf nicht zerstört werden.“

Walesa - Vom Arbeiterführer zum Präsidenten

Walesa gründete 1980 mit "Solidarnosc" die erste freie Gewerkschaft im damaligen Ostblock. Mit der von ihm geleiteten Streik- und Protestbewegung schwächte er Polens damalige kommunistische Führung, zwang sie an den Verhandlungstisch und ebnete schließlich 1989 den Weg für demokratische Reformen in dem Land. Für seine Verdienste wurde er 1983 mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

Redaktion beck-aktuell, 2. Oktober 2018 (dpa).