Europarat: Parteienfinanzierung in Deutschland ist undurchsichtig

Experten des Europarats werfen Deutschland eine undurchsichtige Parteienfinanzierung vor und verlangen mehr Transparenz. Die Bundesrepublik setze seit Jahren wichtige Empfehlungen nicht um, heißt es in einem am 04.06.2019 veröffentlichten Bericht des Antikorruptionsgremiums des Europarats (Greco).

Europarat: Grenze für Meldepflicht senken, anonyme Spenden verbieten

Die Experten kritisieren, dass in Deutschland Großspenden an Parteien erst ab 50.000 Euro dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden müssen. Diese Grenze müsse gesenkt werden, heißt es in dem Bericht. Anonyme Spenden sollten zudem komplett verboten werden. Wenn Abgeordnete oder Wahlkandidaten direkt Spenden kassierten, sollten sie darüber Rechenschaft ablegen müssen. Der Bundestagspräsident solle zudem mehr Ressourcen bekommen, um die Parteienfinanzierung zu überwachen.

Parteienfinanzierung noch nicht in trockenen Tüchern

Deutschland habe nun fast zehn Jahre Zeit gehabt, um diese und andere Greco-Empfehlungen aus dem letzten Bericht von 2009 umzusetzen. Neun der 20 Empfehlungen seien demnach zufriedenstellend erfüllt, 10 weitere teilweise umgesetzt worden. Lediglich die Parteienfinanzierung sei bisher nicht abgehakt, heißt es im Bericht. Der Europarat mit Sitz in Straßburg ist für Menschenrechtsfragen zuständig und nicht Teil der Europäischen Union.

Schäuble sieht Parteien am Zug

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sieht die Fraktionen am Zug. "Ich bin sicher, dass die Fraktionen sich den Bericht genau ansehen und alles Mögliche dafür tun werden, um die Bedenken vollständig auszuräumen“, sagte der CDU-Politiker dazu in Berlin gegenüber der Presse. Schäuble betonte: "Die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland ist auf einem hohen Niveau, viele Empfehlungen haben wir bereits umgesetzt." Dennoch habe die Greco erneut Punkte aufgezeigt, die aus Sicht des Europarates noch verbesserbar seien.

Grüne: Kritik nicht überraschend

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, nannte die Europarats-Kritik nicht überraschend. "Trotz wiederholter Mahnungen verschleppt die große Koalition überfällige Reformen für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Wir brauchen klarere gesetzliche Regelungen für die Parteienfinanzierung." So sollten Spenden bereits ab 5.000 Euro im Rechenschaftsbericht genannt werden, nicht erst ab 50.000 Euro. Spenden an Parteien müssten auf natürliche Personen sowie 100.000 Euro pro Person beschränkt werden, verlangte Haßelmann.

SPD-Fraktion: Geeignete Kontrollinstrumente für die Bundestagsverwaltung

Auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sieht Verbesserungsbedarf. "Insbesondere muss die Bundestagsverwaltung mit geeigneten Kontrollinstrumenten und ausreichend Mitarbeitern ausgestattet werden, um der Umgehung bestehender Transparenzregeln Einhalt zu gebieten.“ Zugleich betonte Schneider: "Wir haben fein ausdifferenzierte Transparenzverpflichtungen, die illegale Einflussnahme auf politische Prozesse unterbinden sollen.“

FDP nimmt keine anonymen Spenden an

Für die FDP erklärte Hermann Otto Solms, das Parteiengesetz sehe vor, dass über Parteispenden ab 10.000 Euro in Deutschland öffentlich berichtet werden müsse. Anonyme Spenden nehme die FDP nicht entgegen.

Redaktion beck-aktuell, 6. Juni 2019 (dpa).

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