Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit
Angesichts der "jüngsten Krisen" müssten die Verträge "dringend geändert" werden, um sicherzustellen, dass die Union auf künftige Krisen wirksamer reagieren kann, so die Begründung. Durch eine Reform der Abstimmungsverfahren im Rat solle insbesondere die Handlungsfähigkeit der Union gestärkt werden. Dazu gehöre vor allem die Einführung der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit anstelle der Einstimmigkeit in den einschlägigen Bereichen wie der Annahme von Sanktionen und sogenannten Überleitungsklauseln sowie in Notfällen.
Mehr Befugnisse bei Gesundheit, Energie, Verteidigung und Sozial- und Wirtschaftspolitik
Der Vorschlag sieht zudem eine Anpassung der Befugnisse der EU vor, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren, bei der Vollendung der Energieunion auf der Grundlage von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien im Einklang mit internationalen Übereinkommen zur Eindämmung des Klimawandels, in der Verteidigung sowie in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Das Parlament spricht sich weiter für eine Gewährleistung aus, dass die europäische Säule sozialer Rechte vollständig umgesetzt und der soziale Fortschritt in die Verträge aufgenommen wird, verbunden mit einem Protokoll über den sozialen Fortschritt. Zudem soll die Wettbewerbs- und Widerstandsfähigkeit der EU-Wirtschaft unter besonderer Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie zukunftsorientierte Investitionen mit Schwerpunkt auf einem gerechten, ökologischen und digitalen Wandel gefördert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit soll anhand regelmäßiger Check-ups überprüft werden.
Initiativrecht für das Parlament und besserer Schutz der Grundwerte
Schließlich fordert das Parlament, mit uneingeschränkten Mitentscheidungsrechten in Bezug auf den EU-Haushalt ausgestattet zu werden, sowie ein volles und direktes Initiativrecht bei der Gesetzgebung und der Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften. Es stellt fest, dass es als einziges direkt gewähltes EU-Organ ebenfalls das Recht haben muss, Gesetze vorzuschlagen. Das Recht, auf EU-Ebene Gesetze zu initiieren, ist bislang fast ausschließlich der Europäischen Kommission vorbehalten. Sowohl der Rat als auch das Parlament verfügen über ein indirektes Initiativrecht: Sie können die Kommission auffordern, einen Legislativvorschlag vorzulegen. Diese ist jedoch nicht verpflichtet, tätig zu werden. Zudem soll das Verfahren zum Schutz der Werte, auf die sich die EU gründet, gestärkt sowie Feststellung und Folgen von Verletzungen dieser Grundwerte geklärt werden.
Nächster EU-Gipfel Ende Juni
Damit es zu dem geforderten Konvent kommen, muss die Mehrheit der Mitgliedstaaten dafür stimmen. Viele Mitglieder des Europäischen Parlaments haben gefordert, dass dies bereits auf dem EU-Gipfel am 23. und 24.06.2022 geschehen sollte. Sie wollen sicherstellen, dass die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllt und die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas so schnell wie möglich umgesetzt werden. Die Kommission wird voraussichtlich Mitte Juni bekannt geben, welche Maßnahmen sie im Hinblick auf die Ergebnisse der Konferenz ergreifen will.