EuGH zu "wet lease": Anspruch auf Ausgleichszahlung bei großen Flugverspätungen besteht gegen gebuchte Fluggesellschaft

Führt eine Fluggesellschaft einen bei ihr gebuchten Flug durch, indem sie ein samt Besatzung angemietetes Flugzeug einsetzt ("wet lease"), ist sie und nicht die vermietende Fluggesellschaft verpflichtet, Fluggästen bei großen Flugverspätungen eine Ausgleichsleistung zu zahlen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 04.07.2018 entschieden. Maßgeblich sei, wer über die Durchführung des Fluges entscheide (Az.: C-532/17).

Ansprüche auf Ausgleichszahlung gegen vermietende Fluggesellschaft geltend gemacht

Die Ausgangskläger buchten bei der Fluggesellschaft TUIfly einen Flug von Hamburg nach Cancún (Mexiko). Zur Durchführung dieses Fluges mietete TUIfly bei einer anderen Fluggesellschaft, Thomson Airways, ein Flugzeug mit Besatzung an ("wet lease"). In der Buchungsbestätigung hieß es dazu, dass die Buchungen von TUIfly vorgenommen würden, der Flug aber von Thomson Airways "ausgeführt" werde. Da es bei dem Flug zu einer großen Verspätung kam, verlangten die Ausgangskläger von Thomson Airways die Zahlung der Ausgleichsleistung, die ihnen ihrer Ansicht nach gemäß der Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG zusteht.

LG Hamburg: "Ausführendes Luftfahrtunternehmen" bei Einsatz angemieteter Flugzeuge?

Thomson Airways verweigerte die Zahlung dieser Ausgleichsleistung mit der Begründung, dass sie nicht das ausführende Luftfahrtunternehmen im Sinne dieser Verordnung gewesen sei. Da TUIfly die operationelle Verantwortung für die Durchführung des Fluges getragen habe, müssten die Forderungen auf Ausgleichsleistung gegen diese Fluggesellschaft gerichtet werden. Vor diesem Hintergrund bat das Landgericht Hamburg den EuGH um eine Klärung des Begriffs "ausführendes Luftfahrtunternehmen".

EuGH: Operationelle Verantwortung für Flug entscheidet über "ausführendes Luftfahrtunternehmen"

Der EuGH hat entschieden, dass diejenige Fluggesellschaft als ausführendes Luftfahrtunternehmen anzusehen ist, die die Entscheidung trifft, einen bestimmten Flug durchzuführen – die Festlegung seiner Flugroute eingeschlossen – und dadurch ein an Interessierte gerichtetes Angebot für den Luftverkehr zu schaffen. Denn eine solche Entscheidung zu treffen bedeute, dass diese Fluggesellschaft die Verantwortung für die Durchführung des Fluges, einschließlich insbesondere seiner etwaigen Annullierung oder einer etwaigen großen Verspätung bei seiner Ankunft, übernimmt. Daher könne eine Fluggesellschaft, die – wie in der Rechtssache Thomson Airways – einer anderen Fluggesellschaft ein Flugzeug samt Besatzung vermiete ("wet lease"), für den Flug aber nicht die operationelle Verantwortung trage, nicht als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung eingestuft werden. Insoweit sei es unerheblich, dass in der den Fluggästen ausgestellten Buchungsbestätigung stehe, dass der Flug von der erstgenannten Fluggesellschaft ausgeführt wird.

EuGH, Urteil vom 04.07.2018 - C-532/17

Redaktion beck-aktuell, 4. Juli 2018.

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