In Polen müssen Richter, die das Richteramt nach Erreichen des Ruhestandsalters weiter ausüben wollen, eine entsprechende Erklärung beim Landesjustizrat abgeben. Ein Richter hatte einen solchen Antrag gestellt. Der Landesjustizrat stellte das Verfahren dazu ein: Der Richter habe seine Erklärung zu spät abgegeben. Dieser focht den Beschluss des Landesjustizrats an.
Die Kammer für außerordentliche Überprüfung und öffentliche Angelegenheiten des polnischen Obersten Gerichts, die mit der Sache befasst ist, hat sich mit der Bitte um Klarstellungen zu den im Unionsrecht verankerten Grundsätzen der Unabsetzbarkeit der Richter und der richterlichen Unabhängigkeit an den EuGH gewandt. Dieser sieht in der Kammer kein Organ, das die Eigenschaft eines unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gerichts hat, wie es das Unionsrecht verlangt. Deshalb erklärte er die Fragen der Kammer für unzulässig.
EuGH: Kein auf Gesetz beruhendes unabhängiges Gericht
Der EGMR habe für zwei Spruchkörper der Kammer für außerordentliche Überprüfung bereits entschieden, dass sie kein auf Gesetz beruhendes unabhängiges Gericht sind. Dies habe auf der Feststellung beruht, dass die Ernennungen der Mitglieder dieser Spruchkörper unter offensichtlicher Verletzung grundlegender nationaler Regelungen zur Richterernennung erfolgt sind.
Änderungen bei der Zusammensetzung des Landesjustizrates im Jahr 2017 hätten seine Unabhängigkeit von der Legislative und der Exekutive in Frage gestellt, erläutert der EuGH. Das wirke sich auf die Fähigkeit des Rats aus, unabhängige und unparteiische Bewerber für Richterstellen beim Obersten Gericht vorzuschlagen. Das erwecke berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser Richter. Letztlich beeinträchtige es das Vertrauen, das die Justiz in einer demokratischen Gesellschaft und in einem Rechtsstaat bei den Einzelnen schaffen muss. Folglich habe dieser Spruchkörper nicht die Eigenschaft eines unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gerichts.