EuGH: Visumspflicht für Türken beim Ehegattennachzug zu türkischem Arbeitnehmer kann gerechtfertigt sein

Die deutsche Visumspflicht für türkische Staatsbürger beim Ehegattennachzug zu einem türkischen Arbeitnehmer kann aus Gründen der effektiven Einwanderungskontrolle und der Steuerung der Migrationsströme gerechtfertigt sein. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 07.08.2018 entschieden. Voraussetzung sei aber, dass die Einzelheiten ihrer Umsetzung nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgehen (Az.: C-123/17).

Über Niederlande nach Deutschland eingereiste Türkin begehrt Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug

Eine Türkin hatte 2007 und 2011 bei der deutschen Botschaft in Ankara drei Anträge auf Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug nach Deutschland gestellt. Diese Anträge waren mit der Begründung abgelehnt worden, dass sie keine ausreichenden Deutschkenntnisse habe. 2013 reiste sie mit einem niederländischen Schengen-Visum in die Niederlande ein und von dort nach Deutschland, wo sie eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug beantragte. Sie gab an, sie sei aufgrund ihres Gesundheitszustands sowie des Umstands, dass sie Analphabetin sei, auf die Hilfe ihres Ehemanns angewiesen.  

Antrag wegen fehlenden Visums angelehnt – BVerwG ruft EuGH an  

Die deutschen Behörden lehnten den Antrag wegen unzureichender Deutschkenntnisse und eines fehlenden Visums zur Einreise nach Deutschland ab. Das Verwaltungsgericht gab der Klage der Türkin statt, woraufhin die Stadt Stuttgart in Revision ging. Das Bundesverwaltungsgericht rief dann den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an, um klären zu lassen, ob die Visumspflicht mit der Stillhalteklausel im Assoziationsrecht zwischen EU und Türkei vereinbar ist.  

Generelle Visumpflicht für türkische Staatsangehörige 1980 eingeführt  

Zur Annäherung mit der Türkei verbietet das EU-Recht den Mitgliedstaaten eigentlich die Einführung neuer "Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs". Ausgenommen sind jedoch solche "Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind". Deutschland führte 1980 jedoch eine generelle Visumpflicht für türkische Staatsangehörige ein.  

EuGH: Visumspflicht muss verhältnismäßig sein 

Der EuGH hat entschieden, dass es sich bei der Visumspflicht zwar um eine "neue Beschränkung" im Sinne der Stillhalteklausel handelt. Eine solche Visumpflicht könne aber aus Gründen der effektiven Einwanderungskontrolle und der Steuerung der Migrationsströme gerechtfertigt sein. Der EuGH unterstreicht aber, dass sie nur zulässig sei, soweit die Einzelheiten ihrer Umsetzung nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgingen. Dies müsse nun das BVerwG prüfen. 

EuGH, Urteil vom 07.08.2018 - C-123/17

Redaktion beck-aktuell, 8. August 2018 (dpa).

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