EuGH stellte Vertragsverletzung erstmals bereits 2012 fest
Bereits mit Urteil vom 19.07.2012 hatte der Gerichtshof entschieden, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/2712 verstoßen hatte, dass sie es unterlassen hatte, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass 109 Gemeinden im italienischen Hoheitsgebiet je nach der Fallgestaltung mit Kanalisationen und/oder Behandlungsanlagen für kommunales Abwasser ausgestattet werden, die den Bestimmungen der Richtlinie entsprechen (BeckRS 2012, 81677).
EuGH: Vertragsverletzung nicht fristgerecht behoben
Da die Kommission nach Ablauf einer auf den 11.02.2016 festgesetzten Frist zu der Ansicht gelangte, dass Italien noch immer nicht die Maßnahmen ergriffen hatte, die erforderlich sind, um dem Urteil von 2012 nachzukommen, hat sie eine zweite Vertragsverletzungsklage gegen Italien erhoben und die Verhängung finanzieller Sanktionen beantragt. Der EuGH hat nun bestätigt, dass Italien am Stichtag tatsächlich nicht alle für die Durchführung des Urteils von 2012 erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatte, um seine Verpflichtungen aus der Richtlinie einzuhalten.
Vertragsverletzung wegen drohender Umweltschäden besonders schwerwiegend
Der Gerichtshof führt aus, dass Italiens Vertragsverletzung nicht nur fast sechs Jahre gedauert habe, sondern auch besonders schwerwiegend sei, da fehlende oder unzulängliche Kanalisationen oder Behandlungsanlagen für kommunales Abwasser zu Umweltschäden führen könnten. Die Zahl der Gemeinden, für die Italien zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 28.02.2018 die Existenz von der Richtlinie entsprechenden Kanalisationen und Behandlungsanlagen für kommunales Abwasser nicht nachgewiesen hat (74 Gemeinden), sei hoch, auch wenn sie im Vergleich zum Urteil von 2012 verringert worden sei (damals 109 Gemeinden). Der Gerichtshof unterstreicht zudem, dass die Systeme für die Sammlung und Zweitbehandlung kommunaler Abwässer bestimmter Gemeinden spätestens zum 31.12.2000 an die Anforderungen der Richtlinie hätten angepasst werden müssen.
Hohes Zwangsgeld und Pauschalbetrag verhängt
Deshalb hält es der Gerichtshof für angebracht, Italien zu verurteilen, an den Unionshaushalt ein Zwangsgeld von 30.112.500 Euro für jedes Halbjahr des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen zu zahlen, die erforderlich sind, um dem Urteil von 2012 nachzukommen. Das Zwangsgeld sei ab dem Tag des Urteils und bis zur vollständigen Durchführung des Urteils von 2012 fällig. Darüber hinaus hält es der Gerichtshof angesichts der konkreten Situation und früherer Verstöße Italiens im Bereich der Sammlung und Behandlung von kommunalem Abwasser (vgl. Urteil des EuGH vom 25.04.2002, BeckRS 2004, 77005, Urteil vom 30.11.2006, C-293/05 sowie vom 10.04.2014, BeckRS 2014, 81570) für angebracht, Italien zu verurteilen, an den Unionshaushalt einen Pauschalbetrag von 25 Millionen Euro zu zahlen, um eine zukünftige Wiederholung entsprechender Verstöße gegen das Unionsrecht zu verhindern.