EuGH: Vertrieb eines Essigproduktes als "Deutscher Balsamico" zulässig

Der Schutz der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" erstreckt sich nur auf die Bezeichnung als Ganzes, nicht aber auf die Verwendung ihrer nicht geografischen Bestandteile "Aceto" und "Balsamico". Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 04.12.2019 entschieden. Danach ist der Vertrieb eines Produkts etwa unter der Bezeichnung "Deutscher Balsamico" zulässig (Az.: C-432/18).

Erzeugerkonsortium will Hersteller von Essigprodukten "Balsamico"-Bezeichnung verbieten

Die Balema GmbH, ein deutsches Unternehmen, erzeugt und vermarktet Produkte, die auf Essig aus badischen Weinen basieren. Auf den Etiketten dieser Produkte befinden sich die Begriffe "Balsamico" und "Deutscher Balsamico" in der Aufschrift "theo der essigbrauer, Holzfassreifung, Deutscher balsamico traditionell, naturtrüb aus badischen Weinen" und "1. Deutsches Essig-Brauhaus, Premium, 1868, Balsamico, Rezeptur No. 3". Ein italienisches Konsortium, dem Erzeuger von Erzeugnissen mit der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)" angehören, verlangte von Balema, die Verwendung des Begriffs "Balsamico" zu unterlassen. Daraufhin klagte Balema bei den deutschen Gerichten auf Feststellung, dass sie diesen Begriff für ihre Produkte verwenden darf.

BGH: Nur Gesamtbezeichnung oder auch einzelne, nicht geografische Bestandteile geschützt?

Die Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)" (Balsamessig aus Modena, Italien) ist seit 2009 im Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und der geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) eingetragen. Der Bundesgerichtshof wollte vom EuGH im Vorabentscheidungsverfahren wissen, ob der durch die Verordnung über den Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gewährte Schutz der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" nur die Gesamtbezeichnung, also "Aceto Balsamico di Modena", betrifft oder sich auch auf die Verwendung ihrer nicht geografischen Bestandteile, also "Aceto", "Balsamico" und "aceto Balsamico", erstreckt.

EuGH: Einzelne, nicht geografische Begriffsbestandteile nicht geschützt

Der EuGH hat entschieden, dass sich der Schutz der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen, nicht geografischen Begriffe erstreckt. Die Eintragung der in Rede stehenden g.g.A. und der sich aus ihr ergebende Schutz beträfen die Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" als Ganzes, weil diese Bezeichnung sowohl auf dem nationalen Markt als auch im Ausland ein unzweifelhaftes Ansehen genießt. Hingegen könnten die nicht geografischen Begriffe dieser g.g.A., nämlich "Aceto" und "Balsamico" – sowie ihre Kombination und ihre Übersetzungen – nicht in den Genuss dieses Schutzes kommen.

"Aceto" als Begriff üblich – "Balsamico" zur Bezeichnung süßsauren Essigs üblich

Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Begriff "Aceto" üblich sei und der Begriff "Balsamico" ein Adjektiv sei, das üblicherweise zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet werde. Der EuGH weist ferner darauf hin, dass die Begriffe "Aceto" und "Balsamico" in den eingetragenen g.U. "Aceto balsamico tradizionale di Modena" und "Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia" erschienen, ohne dass ihre Verwendung den Schutz der in Rede stehenden g.g.A. beeinträchtige.

EuGH, Urteil vom 04.12.2019 - C-432/18

Redaktion beck-aktuell, 4. Dezember 2019.