EuGH: Vergleichende Preiswerbung in Bezug auf Waren aus Geschäften unterschiedlicher Art oder Größe kann unzulässig sein

Werbung, die Preise zwischen Geschäften unterschiedlicher Art und Größe vergleicht, kann unzulässig sein, wenn der Verbraucher nicht in der Werbung selbst auf klare Weise von den Unterschieden in Art und Größe der verglichenen Geschäfte informiert wird. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 08.02.2017 entschieden (Az.: C-562/15).

Vergleichende Preiswerbung zwischen Hyper- und Supermärkten

Im Dezember 2012 lancierte Carrefour eine Fernsehwerbekampagne mit dem Titel "Tiefstpreisgarantie Carrefour". Darin wurden die in den Carrefour-Geschäften verlangten Preise für 500 Waren großer Marken mit denen in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen (darunter Intermarché-Geschäften) verglichen. Den Verbrauchern wurde angeboten, ihnen die zweifache Preisdifferenz zu erstatten, falls sie die Waren anderswo günstiger fänden. Ab dem zweiten Fernsehwerbespot waren die für den Vergleich ausgewählten Intermarché-Geschäfte ausnahmslos Supermärkte, während die Carrefour-Geschäfte sämtlich Hypermärkte waren. Diese Information erschien nur in kleinerer Schrift unterhalb des Namens "Intermarché". ITM, ein für die Strategie und Geschäftspolitik der Geschäfte der Intermarché-Handelsgruppe zuständiges Unternehmen, klagt bei den französischen Gerichten auf Unterlassung dieser Werbung sowie auf Schadenersatz wegen irreführender Werbung.

Französisches Vorlagegericht fragt nach Zulässigkeit der vergleichenden Werbung

Das mit der Rechtssache befasste Berufungsgericht (Cour d’appel de Paris) rief den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und wollte wissen, ob eine solche Werbung, in der die Preise für in Geschäften unterschiedlicher Größe oder Art vertriebene Waren verglichen werden, nach der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung (RL 2006/114/EG) zulässig ist. Das Vorlagegericht wollte zudem wissen, ob es sich bei der unterschiedlichen Größe und Art der betreffenden Geschäfte um eine wesentliche Information handelt, die den Verbrauchern gemäß der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) notwendigerweise zwingend mitzuteilen ist.

EuGH: Asymmetrischer Preisvergleich ohne Hinweis in Werbung kann unobjektiv sein

Der EuGH weist zunächst darauf hin, dass nach der Richtlinie 2006/114/EG jede vergleichende Werbung die Preise objektiv vergleichen muss und nicht irreführend sein darf. Gehörten aber Werbende wie Mitbewerber zu Handelsgruppen mit Geschäften unterschiedlicher Größe und Art und beziehe sich der Vergleich nicht auf die gleiche Größe und Art, könne die Objektivität des Vergleichs verfälscht werden, wenn dieser Unterschied in der Werbung nicht erwähnt werde, so der EuGH. Denn die Preise gängiger Verbrauchsgüter könnten je nach der Art oder Größe des Geschäfts variieren, sodass ein asymmetrischer Vergleich bewirken könnte, dass der Preisunterschied zwischen dem Werbenden und den Mitbewerbern künstlich erzeugt oder vergrößert wird, je nachdem, welche Geschäfte für den Vergleich herangezogen werden.

Werbung durch asymmetrischem Preisvergleich kann Verbraucher täuschen

Weiter führt der EuGH aus, dass eine Werbung zudem irreführend sei, wenn sie wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, oder die solche Informationen verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt und daher den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Eine Werbung wie die vorliegend in Rede stehende könne das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers beeinflussen, indem sie ihn dazu veranlasse, eine Entscheidung in dem irrigen Glauben zu treffen, dass er in den Genuss der in der Werbung hervorgehobenen Preisersparnis kommt, wenn er die jeweiligen Waren in allen Geschäften der Handelsgruppe des Werbenden statt in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen erwirbt.

Irreführung aber nur bei fehlender Information in der Werbung

Eine solche Werbung sei aber nur dann irreführend, wenn der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass der Vergleich zwischen den Preisen, die in den Geschäften größeren Umfangs oder größerer Art der Handelsgruppe des Werbenden verlangt werden, und den Preisen stattfindet, die in Geschäften kleineren Umfangs oder kleinerer Art konkurrierender Handelsgruppen ermittelt wurden, so der EuGH. Diese Information müsse dabei nicht nur auf klare Weise bereitgestellt werden, sondern auch in der Werbebotschaft selbst enthalten sein. Ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt sei, müsse das Berufungsgericht prüfen.

EuGH, Urteil vom 08.02.2017 - C-562/15

Redaktion beck-aktuell, 8. Februar 2017.

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