Vereinigtes Königreich verletzte Zollverpflichtungen bei Einfuhren aus China

Das Vereinigte Königreich hat gegen seine Verpflichtungen in Bezug auf die Zollkontrolle und die Bereitstellung von Eigenmitteln der Union verstoßen, indem es nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um Betrug durch unterbewertete Einfuhren von Textilien und Schuhen aus China zu bekämpfen. Es hätte die Risikoprofile und die Arten von Zollkontrollen berücksichtigen müssen, die ihm vom OLAF und von der Kommission empfohlen wurden, so der Gerichtshof der Europäischen Union.

EU forderte Mitgliedstaaten zur Überwachung der Einfuhren aus China auf

Am 01.01.2005 hob die Europäische Union alle Einfuhrkontingente für Textil- und Bekleidungserzeugnisse mit Ursprung in China auf. In den Jahren 2007, 2009 und 2015 richtete das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) Mitteilungen über gegenseitige Amtshilfe an die Mitgliedstaaten, um sie über die Gefahr einer extremen Unterbewertung der Einfuhren von Textilien und Schuhen aus China zu informieren, die in den meisten Fällen von "Scheingesellschaften" durchgeführt würden. Das Amt forderte alle Mitgliedstaaten auf, ihre Einfuhren solcher Waren zu überwachen, geeignete Zollkontrollen durchzuführen und, falls der Verdacht bestehe, dass in Rechnung gestellte Preise künstlich niedrig seien, angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Es entwickelte ein auf unionsweit erhobenen Daten beruhendes Instrument zur Risikobewertung, um es den Zollbehörden der Mitgliedstaaten zu ermöglichen, besonders niedrige bei der Einfuhr angemeldete Werte und damit Einfuhren mit erheblichem Unterbewertungsrisiko aufzuspüren.

Zunahme betrügerischer Einfuhren

In den Jahren 2011 und 2014 nahm das Vereinigte Königreich an Überwachungsmaßnahmen der Kommission und des OLAF teil, mit denen bestimmten Gefahren des Betrugs durch Unterbewertung entgegengewirkt werden sollte. Das Vereinigte Königreich wandte jedoch weder die anhand der Methode des OLAF ermittelten “niedrigsten annehmbaren Preise“ an, noch setzte es die von seinen Behörden nach einer solchen Maßnahme erlassenen zusätzlichen Zahlungsaufforderungen um. Bei mehreren bilateralen Treffen empfahl das OLAF den zuständigen Behörden des Vereinigten Königreichs, auf die unionsweiten Risikoindikatoren in Form der “niedrigsten annehmbaren Preise“ zurückzugreifen. Das OLAF wies darauf hin, dass betrügerische Einfuhren in das Vereinigte Königreich wegen der unzureichenden Kontrollen durch dessen Zollbehörden erheblich zugenommen hätten, wobei auf andere Mitgliedstaaten abzielende betrügerische Handlungen in das Vereinigte Königreich verlagert worden seien. Nach den Angaben des OLAF folgte das Vereinigte Königreich den Empfehlungen jedoch nicht, sondern überführte die betreffenden Waren ohne angemessene Zollkontrollen in den freien Verkehr im Binnenmarkt. Deshalb sei ein erheblicher Teil der geschuldeten Zölle weder erhoben noch der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt worden. 

EuGH gibt Klage teilweise statt

Die Kommission erhob Klage auf Feststellung, dass das Vereinigte Känigreich gegen seine Verpflichtungen aus den Rechtsvorschriften der Union über die Kontrolle und Überwachung im Bereich der Einziehung der Eigenmittel, das Zollrecht und die Mehrwertsteuer verstoßen habe. Der Gerichtshof hat der Klage nun teilweise stattgegeben. Das Vereinigte Königreich habe hinsichtlich bestimmter Einfuhren von Textilien und Schuhen aus China weder wirksame Zollkontrollen vorgenommen noch die korrekten Zollbeträge buchmäßig erfasst. Es habe auch nicht der Kommission die korrekten Beträge an traditionellen Eigenmitteln zur Verfügung gestellt und der Kommission nicht alle Informationen übermittelt, die erforderlich gewesen seien, um die noch geschuldeten Zölle und Eigenmittel zu berechnen. Es sei zulässig, dass die Kommission zur Berechnung auf eine auf statistischen Daten beruhende Methode gesetzt habe. Allerdings seien die von der Kommission geltend gemachten Verluste an Eigenmitteln unstimmig, sodass die noch auszugleichenden Verluste an Eigenmitteln der Union neu berechnet werden müssten.

EuGH, Urteil vom 08.03.2022 - C-213/19

Redaktion beck-aktuell, 8. März 2022.