Ukrainekrise: EU-Sanktionen gegen russische Erdölunternehmen rechtens

Die restriktiven Maßnahmen, die die EU seit Juli 2014 im Zuge der Ukrainekrise gegenüber russischen Erdölgesellschaften der Rosneft-Gruppe erlassen hat, sind rechtens. Die Sanktionen seien ordnungsgemäß begründet und insbesondere geeignet, auf Russland wegen seiner Rolle in dieser Krise Druck auszuüben, so der Europäische Gerichtshof. Er bestätigt damit ein Urteil des Gerichts der Europäischen Union.

Ziel: Untergrabung ukrainischer Souveränität soll Russland mehr kosten

Seit dem 31.07.2014 hat der Rat der EU mit restriktiven Maßnahmen unter anderem gegenüber dem russischen Erdölsektor auf die Handlungen Russlands zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine reagiert. Insbesondere wurde die Ausfuhr bestimmter sensibler Güter und Technologien für diesen Sektor verboten und der Zugang zu den Kapitalmärkten der EU für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer des Sektors beschränkt. Die Maßnahmen sollen die Kosten Russlands für die die Souveränität der Ukraine untergrabenden Handlungen erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise fördern.

Erfolglose Klage russischer Erdöl- und Erdgasgesellschaften

Mehrere russische Gesellschaften, die zu der auf die Sektoren Erdöl und Erdgas spezialisierten Rosneft-Gruppe gehören, hatten vor dem EuG auf Nichtigerklärung der restriktiven Maßnahmen geklagt. Die Klage war ebenso erfolglos (vgl. EuG, BeckRS 2018, 21858) wie das sodann eingelegte Rechtsmittel vor dem EuGH. Der EuGH stellt zunächst klar, dass der Rat sich bei der Begründung der Sanktionen darauf beschränken durfte, die Gesamtlage, die zu ihrem Erlass geführt hat, und die mit ihnen verfolgten allgemeinen Ziele darzulegen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, diese Maßnahmen spezifisch und konkret zu begründen. Denn die streitigen Ausfuhrverbote seien Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, auch wenn die Zahl der Akteure auf dem betreffenden Sektor wegen dessen Besonderheiten möglicherweise sehr begrenzt sei. Dies habe das EuG richtig erkannt.

Betroffene Gesellschaften erfüllen erforderliche Kriterien

Zur Begründung der gegen die klagenden Gesellschaften verhängten Beschränkungen des Zugangs zu den Kapitalmärkten stellt der EuGH fest, dass es sich bei Rosneft, dessen Anteile mehrheitlich vom russischen Staat gehalten werden, um einen Hauptakteur des russischen Erdölsektors handelt. Auch bestritten die betroffenen Gesellschaften nicht, dass sie die Kriterien erfüllen, die der Rat für die Anwendung solcher gezielten Maßnahmen aufgestellt hat. Den fraglichen Gesellschaften könne, wie auch das EuG meine, bei vernünftiger Betrachtung nicht verborgen geblieben sein, aus welchen Gründen diese gezielten Maßnahmen ihnen gegenüber ergriffen wurden.

Maßnahmen nicht offensichtlich ungeeignet zu Erreichung des bezweckten Ziels

Sowohl die Ausfuhrverbote als auch die Beschränkungen des Zugangs zu den Kapitalmärkten der Union trügen eindeutig dazu bei, das vom Rat verfolgte Ziel zu erreichen, fährt der EuGH fort. Das EuG habe daher entgegen dem Vorbringen der betreffenden Gesellschaften zu Recht festgestellt, dass die Maßnahmen im Hinblick auf dieses Ziel nicht offensichtlich ungeeignet sind.

Sanktionen auch mit Abkommen vereinbar

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass die fraglichen restriktiven Maßnahmen im Einklang mit dem Partnerschaftsabkommen Europäische Union – Russland stehen und dass das EuG zutreffend festgestellt hat, dass sie auch mit dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT vereinbar sind. Denn ebenso wie das Partnerschaftsabkommen enthalte das GATT eine Bestimmung über "sicherheitsbezogene Ausnahmen", die es den Vertragsparteien unter Umständen wie denen, die zum Erlass der streitigen Maßnahmen geführt haben, erlaube, alle Maßnahmen zu ergreifen, die zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind.

EuGH, Urteil vom 17.09.2020 - C‑732/18

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2020.