Sachverhalt
Im Ausgangsverfahren geht es um einen in Belgien niedergelassenen Zahnarzt, der für Leistungen der Zahnversorgung warb: Zwischen 2003 und 2014 hatte er eine Stele mit drei bedruckten Seiten aufgestellt, auf denen sein Name, seine Eigenschaft als Zahnarzt, die Adresse seiner Website und die Telefonnummer seiner Praxis angegeben waren. Ferner hatte er eine Website erstellt, auf der die Patienten über die verschiedenen Arten der in seiner Praxis angebotenen Behandlungen informiert wurden. Außerdem schaltete er Werbeanzeigen in lokalen Tageszeitungen. Da das belgische Recht ausnahmslos jede Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung verbietet und vorschreibt, dass ein an die Öffentlichkeit gerichtetes Zahnarztpraxisschild schlicht sein muss, wurde nach Beschwerde eines zahnärztlichen Berufsverbands ein strafrechtliches Verfahren gegen den Zahnarzt eingeleitet. Dieser berief sich auf die die im AEU-Vertrag vorgesehene Dienstleistungsfreiheit. Das mit der Strafsache befasste Gericht rief den Europäischen Gerichtshof zur Klärung an.
EuGH: Absolutes Werbeverbot verstößt gegen Dienstleistungsfreiheit
Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr entschieden, dass ein striktes Verbot der kommerziellen Kommunikation auf elektronischem Weg zur Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verstößt. Inhalt und Form der kommerziellen Kommunikationen dürften zwar durch berufsrechtliche Regelungen eingegrenzt werden. Ein allgemeines und ausnahmsloses Verbot jeder Form von Online-Werbung zur Förderung der Tätigkeit eines Zahnarztes sei jedoch unzulässig. Außerdem stehe ein Verbot jeglicher Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung der Dienstleistungsfreiheit entgegen, da die Möglichkeit eingeschränkt werde, sich bei potenziellen Kunden bekannt zu machen und die Dienstleistungen zu fördern.
Eingrenzung der Formen und Modalitäten der Kommunikationsinstrumente möglich
Zahnärztliche Werbeverbote würden zwar dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Würde des Zahnarztberufs dienen und stünden deshalb dem Grunde nach im Allgemeininteresse. Dieses Interesse sei jedoch nur bei aggressiver oder irreführender Werbung tangiert. Nur in diesem Fall sei eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt. Ein allgemeines und absolutes Verbot jeglicher Werbung gehe über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich sei. Diese könnten mit weniger einschneidenden Maßnahmen, beispielsweise durch Eingrenzung der Formen und Modalitäten der von Zahnärzten verwendeten Kommunikationsinstrumente erreicht werden.