EuGH stärkt Schutz von Feldhamstern

Der Europäische Gerichtshof hat den Schutz des Lebensraums der vom Aussterben bedrohten Feldhamster weiter gestärkt. Nach einem Urteil von heute umfasst der Begriff "Fortpflanzungsstätte" alle Gebiete, die für die erfolgreiche Vermehrung einer Tierart erforderlich sind – einschließlich des Umfelds der Fortpflanzungsstätte.

Streit um Geldstrafe für Bauunternehmen wegen Zerstörung der Eingänge zu Hamsterbauen

Im Falle des bedrohten Feldhamsters könne eine andere Auslegung des Begriffs dazu führen, dass die für die Fortpflanzung und die Geburt der Jungtiere erforderlichen Gebiete nicht geschützt werden würden, befand der EuGH. Das Urteil erging auf eine Vorlage des Wiener Verwaltungsgerichts. Dabei geht es um die Auslegung einer EU-Artenschutzrichtlinie. Konkret geht es um Bauarbeiten in Österreich, für die eine Baustraße angelegt wurde. Dafür fehlte allerdings nicht nur die Genehmigung, sondern sie zerstörten auch Eingänge zu Hamsterbauen. Eine Verwaltungsbehörde hatte daraufhin eine Geldstrafe gegen den leitenden Mitarbeiter des für den Bau beauftragten Unternehmens verhängt. Dieser legte anschließend Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht ein.

EuGH: Auch vorübergehend nicht genutzte Ruhe- und Fortpflanzungsstätten geschützt

In einem früheren Urteil zu dem Fall (NVwZ 2020, 1186) hatte der EuGH bereits entschieden, dass Ruhe- und Fortpflanzungsstätten von Feldhamstern auch dann nicht zerstört werden dürfen, wenn die Tiere diese zwar nicht mehr beanspruchen, aber womöglich dorthin zurückkehren. Der Feldhamster gilt seit 2020 in der Roten Liste als vom Aussterben bedroht und könnte die nächsten 30 Jahre nicht überleben. Als Grund sehen Umweltschützer vor allem die intensive Landwirtschaft, die den putzigen Tieren ihren Lebensraum nimmt. 

"Beschädigung" im Unterschied zur "Vernichtung" schleichend 

Die Richter stellten in ihrem neuen Urteil zudem auch Unterschiede zwischen der "Beschädigung" und der "Vernichtung" einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte heraus. "Beschädigung" könne als die materielle Verschlechterung eines Habitats oder einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte definiert werden, die im Gegensatz zur Vernichtung schleichend erfolgen und zur graduellen Verschlechterung der ökologischen Funktionalität der betreffenden Stätte führen könne, sodass die Beschädigung nicht unmittelbar zum Verlust der Funktionalität einer Stätte führen muss, sondern sie qualitativ oder quantitativ beeinträchtigen wird und auf diese Weise nach einiger Zeit zu ihrem vollständigen Verlust führen kann. Nicht entscheidend sei, ob die Beeinträchtigungen absichtlich erfolgen.

EuGH, Urteil vom 28.10.2021 - C-357/20

Redaktion beck-aktuell, 28. Oktober 2021 (dpa).