EuGH soll Voraussetzungen der Abberufung betrieblichen Datenschutzbeauftragten klären

Der Europäische Gerichtshof soll klären, unter welchen Voraussetzungen ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen werden kann. Hierum bittet das Bundesarbeitsgericht. Es geht um die Frage, ob die (strengeren) Anforderungen, die das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) an die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten stellt, im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) stehen. 

Als Datenschutzbeauftragter abberufen

Der Kläger ist der von der Arbeit teilweise freigestellte Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Mit Wirkung zum 01.06.2015 wurde er zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten der Beklagten bestellt. Die Beklagte berief ihn mit Schreiben vom 01.12.2017 und - nach Inkrafttreten der DS-GVO -- mit weiterem Schreiben vom 25.05.2018 als Datenschutzbeauftragten ab.

Abberufung mit Interessenskonflikt begründet

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, seine Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es drohten Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei. Dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter, die einen wichtigen Grund zur Abberufung des Klägers darstelle.

 

Vorinstanzen: Unionsrecht entscheidend

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Für die Entscheidung, ob die Beklagte den Kläger wirksam von seinem Amt als betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen hat, komme es auf die Auslegung von Unionsrecht an, die dem EuGH vorbehalten sei, so die Gerichte.

Abberufung nach deutschem Recht nur bei wichtigem Grund

Die Vorinstanzen verweisen dazu auf das nationale Datenschutzrecht, das in § 38 Abs. 2 BDSG in Verbindung mit § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG regelt, dass für die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorliegen muss. Damit knüpft es die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten an strengere Voraussetzungen als das Unionsrecht, nach dessen Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO die Abberufung lediglich dann nicht gestattet ist, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten vorgenommen wird. Einen wichtigen Grund zur Abberufung verlangt das europäische Recht nicht.

BAG hält Abberufung nach deutschem Recht für unzulässig

Das BAG hält unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung vorliegend keinen wichtigen Abberufungsgrund für gegeben und hat sich deshalb nach Art. 267 AEUV mit der Frage an den EuGH gewandt, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO mitgliedstaatliche Normen anwendbar sind, die – wie § 38 Abs. 2 BDSG in Verbindung mit § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG – die Möglichkeit der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken.

EuGH soll gegebenenfalls auch Frage des Interessenkonflikts klären

Sollte der EuGH die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält der Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt im Sinne des Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt.

BAG, Beschluss vom 27.04.2021 - 9 AZR 383/19 (A)

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2021.