In dem Verfahren muss der EuGH klären, ob - und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen - über Asylanträge in Lagern außerhalb der EU entschieden werden darf. Die Lager sind nur für erwachsene Männer gedacht, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten stammen – für Frauen und Minderjährige nicht. Jetzt soll geklärt werden, ob eine Regierung selbst eine Liste sicherer Drittstaaten aufstellen darf oder lediglich Kriterien dafür festlegen kann.
Konkret geht es vor dem EuGH um zwei Männer aus Bangladesch, deren Asylanträge im Schnellverfahren abgelehnt wurden. Aus Sicht der Regierung in Rom ist Bangladesch ein sicherer Drittstaat. Das zuständige italienische Gericht zweifelt jedoch an der Rechtmäßigkeit des entsprechenden Erlasses und hat deswegen den EuGH eingeschaltet.
Die Schlussanträge von Generalanwalt Richard de la Tour erlauben nun Zweifel auf, ob die italienische Lösung in dieser Form weiter bestehen kann (Schlussanträge vom 10.04.2025 - C-758/24). Zwar dürften EU-Mitgliedstaaten für ihre Asyl-Verfahren sichere Herkunftsländer selbst bestimmen, erklärte de la Tour. Die entsprechende Regelung müsse aber offenlegen, auf welchen Quellen diese Einschätzung basiere, damit Gerichte sie überprüfen könnten.
De la Tour schreibt, der Fakt, dass ein Drittland durch einen Gesetzgebungsakt zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt wird, dürfe nicht zur Folge haben, dass dieser Akt einer Rechtmäßigkeitskontrolle entzogen ist. Lege der Gesetzgeber seine Quellen nicht offen, könne die zuständige Justizbehörde die Rechtmäßigkeit der Bestimmung eines sicheren Herkunftslandes auf der Grundlage von Informationsquellen prüfen, die sie selbst zusammengetragen hat.
Modell könnte Schule machen
Als erstes EU-Land wollte Italien gewisse Asyl-Verfahren im sogenannten Albanien-Modell außerhalb der EU ansiedeln. Die Asylanträge von männlichen Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden, sollten in eigens errichteten Lagern in Albanien geprüft werden. Wer Anspruch auf Asyl hat, darf nach Italien einreisen - abgelehnte Bewerber sollen zurückgeführt werden.
Eigentlich sollen in den beiden Lagern in Albanien italienische Beamte im Schnellverfahren über die Asylanträge von Mittelmeer-Flüchtlingen entscheiden. Die italienische Justiz blockierte die Pläne jedoch mehrfach. Zuletzt standen die Lager - ein Prestigeprojekt der Regierung - leer.
Ein Urteil wird im Mai oder Juni erwartet. Einen Termin dafür gibt es noch nicht. Es wird aber mit Spannung erwartet, denn sollte das Modell grünes Licht bekommen, könnte es in Europa Schule machen. Auch die EU hatte zuletzt Pläne für Zentren in Staaten außerhalb der EU veröffentlicht. Anders als das ursprüngliche "Albanien-Modell" geht es dabei allerdings nur um Rückführungszentren für abgelehnte Asylbewerber. Meloni hatte vor kurzem angekündigt, die Lager in Albanien ebenfalls für Rückführungen nutzen zu wollen.