EuGH rügt Italien wegen Säumigkeit öffentlicher Stellen bei Bezahlung privater Unternehmen

Italien hat gegen die Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verstoßen, weil öffentliche Stelle im Geschäftsverkehr mit Privatunternehmen bei der Bezahlung von Rechnungen die vorgeschriebenen Zahlungsfristen von höchstens 30 oder 60 Kalendertagen nicht einhalten. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 28.01.2020 entschieden. Italien hätte dafür sorgen müssen, dass die Zahlungsfristen tatsächlich eingehalten werden (Az.: C-122/18).

Kommission verklagt Italien: Öffentliche Stellen halten Zahlungsfristen nicht ein

Mehrere italienische Wirtschaftsteilnehmer und Wirtschaftsverbände hatten sich bei der Kommission über die zu langen Fristen beschwert, in denen italienische öffentliche Stellen systematisch ihre Rechnungen im Geschäftsverkehr mit privaten Wirtschaftsteilnehmern bezahlen. Daraufhin erhob die Kommission beim EuGH eine Vertragsverletzungsklage gegen Italien.

Italien: Tatsächliche Einhaltung muss nicht gewährleistet werden

Italien machte dagegen geltend, die Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verpflichte die Mitgliedstaaten nur, in ihren Umsetzungsvorschriften und in Verträgen über Geschäftsvorgänge, bei denen der Schuldner eine ihrer öffentlichen Stellen sei, Art. 4 Abs. 3 und 4 der Richtlinie entsprechende maximale Zahlungsfristen zu gewährleisten und bei Nichteinhaltung dieser Fristen den Anspruch der Gläubiger auf Verzugszinsen und auf Entschädigung für die Beitreibungskosten vorzusehen. Dagegen verlangten diese Bestimmungen von den Mitgliedstaaten nicht sicherzustellen, dass ihre öffentlichen Stellen diese Fristen unter allen Umständen tatsächlich einhielten.

EuGH: Öffentliche Stellen müssen Zahlungsfristen einhalten

Der EuGH hat festgestellt, dass Italien gegen die Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verstoßen hat. Entgegen dem Vorbringen Italiens verpflichte Art. 4 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2011/7/EU die Mitgliedstaaten auch sicherzustellen, dass ihre öffentlichen Stellen die darin vorgesehenen Zahlungsfristen tatsächlich einhalten. Aufgrund der großen Zahl der Geschäftsvorgänge, bei denen öffentliche Stellen Schuldner von Unternehmen seien, und der Kosten und Schwierigkeiten, die bei Unternehmen durch Zahlungsverzug öffentlicher Stellen entstünden, habe der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten in Bezug auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen weitergehende Pflichten auferlegen wollen.

Nichthaftung bei privatrechtlichem Handeln öffentlicher Stellen ließe Richtlinie leerlaufen

Auch das Vorbringen, öffentliche Stellen könnten keine Haftung des Mitgliedstaats, dem sie angehörten, begründen, wenn sie im Geschäftsverkehr außerhalb ihrer hoheitlichen Befugnisse handelten, greife nicht durch, so der EuGH weiter. Denn eine solche Auslegung liefe darauf hinaus, der Richtlinie die praktische Wirksamkeit zu nehmen, und zwar insbesondere ihrem Art. 4 Abs. 3 und 4, der die Mitgliedstaaten verpflichte sicherzustellen, dass bei Geschäftsvorgängen, bei denen der Schuldner eine öffentliche Stelle sei, die darin vorgesehenen Zahlungsfristen tatsächlich eingehalten werden.

Verstoß trotz inzwischen verbesserter Zahlungsmoral festzustellen

Selbst wenn sich die Situation beim Zahlungsverzug öffentlicher Stellen bei den von der Richtlinie erfassten Geschäftsvorgängen in den letzten Jahren verbessert haben sollte, hindert dies laut EuGH nicht die Feststellung, dass Italien gegen seine unionsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen habe, betont der EuGH abschließend. Denn nach ständiger Rechtsprechung sei das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden sei, hier also am 16.04.2017.

EuGH, Urteil vom 28.01.2020 - C-122/18

Redaktion beck-aktuell, 28. Januar 2020.

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