Oberstes Gericht zweifelte an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dreier Berufungsrichter
Das polnische Oberste Gericht hat als letzte Instanz in einem Rechtsstreit Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der drei vorbefassten Richter aus der Berufungsinstanz. Denn einer dieser Richter hatte seine Richterlaufbahn noch unter dem kommunistischen Regime begonnen und nach dessen Ende keinen neuen Eid abgelegt. Die beiden anderen wurden zwischen 2010 und 2018 zu Berufungsrichtern ernannt, als laut polnischem Verfassungsgericht der an ihrer Ernennung beteiligte Landesjustizrat intransparent und seine Zusammensetzung verfassungswidrig war. Das polnische Oberste Gericht rief daher den EuGH an.
EuGH: Richter aus kommunistischer Ära nicht automatisch abhängig und parteiisch
Laut EuGH sind Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des einen Richters nicht schon deshalb begründet, weil er seine Laufbahn unter dem kommunistischen Regime begonnen hat. Der EuGH betont, dass Polen der EU und ihren Werten – insbesondere jenem des Rechtsstaats – beigetreten sei. Dass die polnischen Richter zu einem Zeitpunkt ernannt worden seien, als Polen noch keine Demokratie gewesen sei, habe dabei keine Schwierigkeiten bereitet. Das vorlegende Gericht habe im Übrigen keinen Anhaltspunkt dafür vorgetragen, der insoweit Zweifel hätte aufkommen lassen.
Verfassungswidrigkeit des Landesjustizrats ebenfalls allein nicht ausreichend
Auch die Verfassungswidrigkeit des Landesjustizrats genüge nicht, um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der beiden anderen Richter in Frage zu stellen. Denn das polnische Verfassungsgericht habe sich 2017 nicht zur Unabhängigkeit des Landesjustizrats geäußert, als es dessen Zusammensetzung – wie sie sich zum Zeitpunkt der Ernennung der beiden Berufungsrichter dargestellt habe – für verfassungswidrig erklärt habe. Dasselbe gelte, wenn ein Richter als Bewerber für eine Richterstelle am Ende eines Verfahrens vom Landesjustizrat ausgewählt worden sei, das zum damaligen Zeitpunkt weder transparent noch öffentlich noch mit Rechtsmitteln anfechtbar gewesen sei. Das vorlegende Gericht habe keine konkreten Anhaltspunkte vorgebracht, die insoweit Zweifel hätten begründen können.