Privatkopien geschützter Werke in Cloud sind zu vergüten

Wird eine zu privaten Zwecken erstellten Kopie eines geschützten Werkes in einer Cloud gespeichert, ist die Ausnahme für "Privatkopien" in der Urheberrechtsrichtlinie anwendbar. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Die Rechtsinhaber müssten einen gerechten Ausgleich erhalten, allerdings müsse diesen nicht unbedingt der Cloud-Anbieter zahlen.

Vergütung für Privatkopien geschützter Werke in Cloud verlangt

Austro-Mechana, eine Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, verlangt von der Strato AG, die Cloud-Computing-Dienstleistungen erbringt, Zahlung der Speichermedienvergütung für Privatkopien urheberechtlich geschützter Werke. Das Handelsgericht Wien wies die Klage ab, da die Strato AG keine Speichermedien an ihre Kunden abgebe, sondern für diese eine Dienstleistung der internetgestützten Speicherung erbringe. Austro-Mechana legte Berufung ein. Das Berufungsgericht, das Oberlandesgericht Wien, wollte vom EuGH wissen, ob die Speicherung von Inhalten im Rahmen des Cloud-Computing unter die Ausnahme für Privatkopien im Sinn von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG fällt.

EuGH: Ausnahme für Privatkopien bei Speicherung in Cloud anwendbar

Laut EuGH ist die Ausnahme für Privatkopien in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG anwendbar, wenn zu privaten Zwecken erstellte Kopien geschützter Werke in einer Cloud gespeichert werden. Der EuGH stellt klar, dass es sich hierbei um eine "Vervielfältigung" handelt. Beim Hochladen (upload) eines Werkes in die Cloud werde eine Kopie desselben gespeichert. Auch werde ein Server, auf dem ein Cloud-Computing-Dienstleister einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stelle, von dem Begriff "auf beliebigen Trägern" erfasst. Der Begriff umfasse alle Träger, auf denen ein geschütztes Werk vervielfältigt werden könne. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Server einem Dritten gehört. Eine andere Auslegung würde zudem das Ziel der Richtlinie beeinträchtigen, einen der technologischen Entwicklung angepassten Schutz zu bieten.

Ausgleich nicht unbedingt durch Cloud-Anbieter zu leisten

Setzten die Mitgliedstaaten Ausnahme für Privatkopien um, müssten sie einen gerechten Ausgleich für die Rechtsinhaber vorsehen. Die Mitgliedstaaten seien jedoch nicht verpflichtet, die Cloud-Anbieter zur Zahlung dieses Ausgleichs heranzuziehen, sofern der zugunsten der Rechtsinhaber zu leistende gerechte Ausgleich anderweitig geregelt sei. Zu zahlen habe den Ausgleich grundsätzlich die Person, die die Privatkopie erstellt, also die Nutzerin bzw. der Nutzer der Dienstleistungen zur Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing. Bestünden jedoch praktische Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Endnutzer, könnten die Mitgliedstaaten eine Abgabe für Privatkopien einführen, die vom Hersteller oder Importeur der Cloud-Server zu zahlen sei. Diese Abgabe werde wirtschaftlich auf den Käufer solcher Server abgewälzt und letztlich vom privaten Cloud-Nutzer getragen. Solche Schwierigkeiten könnten sich bei Cloud-Computing-Dienstleistungen ergeben. Eine Zahlungsverpflichtung der Cloud-Anbieter falle unter das weite Ermessen, über das der nationale Gesetzgeber bei der Festlegung der verschiedenen Elemente der Regelung des gerechten Ausgleichs verfüge.

Abgabe muss Schaden des Rechtsinhabers entsprechen

Bei der Festlegung der Abgabe für Privatkopien stehe es den Mitgliedstaaten zwar frei, den Umstand zu berücksichtigen, dass bestimmte Geräte und Speichermedien im Rahmen des Cloud-Computing zum Erstellen von Privatkopien genutzt werden können. Doch müssten sie sich vergewissern, dass die so gezahlte Abgabe, soweit im Rahmen dieses einheitlichen Prozesses mehrere Geräte und Speichermedien von ihr betroffen seien, nicht über den sich für die Rechtsinhaber ergebenden etwaigen Schaden hinausgeht.

EuGH, Urteil vom 24.03.2022 - C-433/20

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2022.