Pauschalreise: Gericht darf auf Rücktrittsrecht ohne Gebühren hinweisen

Wer eine Pauschalreise gebucht hat, kann nach EU-Recht bei unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen am Zielort ohne Gebühren vom Vertrag zurücktreten. Kennt er dieses Rücktrittsrecht nicht, darf ein nationales Gericht ihn laut EuGH unter bestimmten Voraussetzungen darüber informieren.

Ein Spanier hatte bei Tuk Tuk Travel für März 2020 eine Pauschalreise nach Vietnam und Kambodscha gebucht und die Hälfte des Reisepreises gezahlt. Etwa einen Monat vor Reisebeginn trat der Kunde vom Vertrag zurück. Hintergrund war die Ausbreitung des Corona-Virus in Asien. Der Reiseveranstalter wollte dem Mann nach Abzug der Stornierungskosten nur einen kleinen Teil des gezahlten Betrages erstatten.

Dieser wollte das nicht auf sich sitzen lassen und berief sich vor Gericht auf einen Rücktritt wegen höherer Gewalt. Allerdings beantragte er nur eine teilweise Erstattung des gezahlten Reisepreises, da er meinte, dass ein Viertel dieses Betrags den Tuk Tuk Travel entstandenen Verwaltungskosten entspreche.

Rücktrittsrecht zu prüfen - über Geltendmachung entscheidet Kunde

Da der Reisevertrag nur auf die Möglichkeit eines Rücktritts vor dem Abreisedatum gegen Gebühren hinwies, hat das mit der Sache befasste spanische Gericht den Europäischen Gerichthof mit der Frage angerufen, ob es dem anwaltlich nicht vertretenen Kläger nach der Pauschalreiserichtlinie von Amts wegen die Erstattung aller getätigten Zahlungen zusprechen darf. Die Richtlinie räumt Reisenden bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, die am Bestimmungsort auftreten, ein Recht auf Rücktritt ohne Gebühren ein.

Der EuGH stellte klar, dass ein Reiseveranstalter den Reisenden nach der Richtlinie über sein Rücktrittsrecht informieren müsse. Unterlasse er dies - wie hier -, dürfe das nationale Gericht diesen Verstoß unter bestimmten Voraussetzungen von Amts wegen aufgreifen. Dies gelte insbesondere, wenn der Reisende sein Recht nicht geltend macht, weil er nicht weiß, dass es besteht. Der Ausbruch einer weltweiten gesundheitlichen Notlage auch als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand zu werten. Ob der Reisende sein Recht bei Gericht geltend macht, müsse er am Ende aber selbst entscheiden.

EuGH, Urteil vom 14.09.2023 - C-83/22

Redaktion beck-aktuell, bw, 14. September 2023.