EuGH regelt Zulassung von Rechtsmitteln in bereits zweifach geprüften Rechtssachen neu

Der Europäische Gerichtshof hat neue Vorschriften bezüglich der Zulassung von Rechtsmitteln in Rechtssachen erlassen, die bereits Gegenstand einer zweifachen Prüfung waren, davon in einem ersten Schritt durch eine unabhängige Beschwerdekammer. Ein solches Rechtsmittel soll künftig nur dann ganz oder teilweise zugelassen werden, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird. Diese Änderung trat am 01.05.2019 in Kraft. Dazu wurden das Protokoll über die Satzung und Verfahrensordnung des Gerichtshofs entsprechend geändert, wie es in einer Pressemitteilung des Gerichts vom 30.04.2019 heißt.

Prüfung ließ Änderungsbedarf erkennen

Der Gerichtshof und das Gericht erster Instanz haben im Kontext der Reform des Gerichtssystems der Europäischen Union umfassende Überlegungen zu den von ihnen wahrgenommenen Zuständigkeiten angestellt und geprüft, ob es erforderlich ist, bestimmte Änderungen unter anderem bei der Behandlung der Rechtsmittel durch den Gerichtshof vorzunehmen. Diese Prüfung hat laut Mitteilung ergeben, dass zahlreiche Rechtsmittel in Rechtssachen eingelegt werden, die bereits zweifach geprüft worden sind, nämlich in einem ersten Schritt durch eine unabhängige Beschwerdekammer und sodann durch das Gericht, und dass viele dieser Rechtsmittel vom Gerichtshof zurückgewiesen werden, da sie offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind.

Geordnete Rechtspflege ist das Ziel

Um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, sich auf die Rechtssachen zu konzentrieren, die seine ganze Aufmerksamkeit erfordern, sei daher im Interesse einer geordneten Rechtspflege vorgeschlagen worden, für Rechtsmittel bezüglich Rechtssachen der genannten Art einen Mechanismus vorzusehen, der es dem Gerichtshof ermöglicht, ein Rechtsmittel nur dann ganz oder teilweise zuzulassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

Betroffene Beschwerdekammern

Gemäß den neuen Vorschriften steht die Prüfung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer einer der folgenden Einrichtungen betreffen, unter der Bedingung der vorherigen Zulassung des jeweiligen Rechtsmittels durch den Gerichtshof: Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO, Alicante, Spanien), das Gemeinschaftliche Sortenamt (CPVO, Angers, Frankreich), die Europäische Chemikalienagentur (ECHA, Helsinki, Finnland) sowie die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA, Köln, Deutschland).

Rechtsmittelschrift muss künftig Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels enthalten

In diesen Rechtssachen sei der Rechtsmittelschrift ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels mit einer maximalen Länge von sieben Seiten beizufügen, in dem der Rechtsmittelführer die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage klar darlegt. Fehlt es an einem solchen Antrag, so wird das Rechtsmittel für unzulässig erklärt.

Rasche Entscheidung durch Beschluss

Erfüllt der Antrag die vorgeschriebenen formalen Voraussetzungen, so entscheidet der Gerichtshof so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss, der auf der Website des Gerichtshofs veröffentlicht wird, über die Zulassung oder die Nichtzulassung des Rechtsmittels. Diese Entscheidung wird auf Vorschlag des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts von einer speziell zu diesem Zweck eingerichteten Kammer getroffen, deren Präsident der Vizepräsident des Gerichtshofs ist und der darüber hinaus der Berichterstatter und der Präsident der Kammer mit drei Richtern angehören, der der Berichterstatter zum Zeitpunkt der Antragstellung zugeteilt ist.

Zustellung an die Parteien und weitere Benachrichtigungen

Der Beschluss über die Zulassung des Rechtsmittels wird den Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht mit der Rechtsmittelschrift zugestellt. Wird das Rechtsmittel teilweise zugelassen, so sind in diesem Beschluss die Gründe oder Teile des Rechtsmittels anzuführen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Ferner benachrichtigt der Kanzler des Gerichtshofs laut Mitteilung das Gericht und, sofern sie nicht Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht waren, die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, den Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission von der Entscheidung, das Rechtsmittel zuzulassen.

Redaktion beck-aktuell, 2. Mai 2019.

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