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Französischer Tarifvertrag
Eine französische Gewerkschaft hatte das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Metz angestoßen. Sie kämpft für den Mitarbeiter eines Sozialversicherungsträgers, der Vater eines kleinen Mädchens ist und einen Antrag auf Zusatzurlaub gestellt hat. Nach dem nationalen Tarifvertrag für diese Branche kann die Dauer des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs verlängert werden (je nach gewünschter Dauer voll, halb oder gar nicht bezahlt) – aber bloß für Frauen.
Nur für Gesundheit und Beziehung zum Kind
Die Luxemburger Richter hielten das nun nicht von vornherein für unzulässig. Allerdings müsse ein solcher zusätzlicher Urlaub, wenn er auf Mütter beschränkt wird, dazu dienen, "den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau sowie der besonderen Beziehung der Mutter zu ihrem Kind in der Zeit nach der Entbindung zu gewährleisten". Würde hingegen die im Tarifvertrag vorgesehene Ruhephase für Frauen "allein in ihrer Eigenschaft als Elternteil" gelten, würde er eine unmittelbare Diskriminierung der Arbeitnehmer begründen. Auch genüge die bloße Tatsache, dass ein Urlaub unmittelbar auf den gesetzlichen Mutterschaftsurlaub folgt, nicht für die Annahme, dass er den Arbeitnehmerinnen, die ihr Kind selbst erziehen, vorbehalten werden könne.
Generalanwalt hoffte auf "Anbruch neuer Zeit"
Das Arbeitsgericht Metz muss das nunmehr prüfen. Generalanwalt Michal Bobek hatte in seinem vorherigen Gutachten vom EuGH nicht weniger als den "Anbruch einer neuen Zeit" gefordert (BeckRS 2020,
15196). Das Urteil im Fall Hofmann aus dem Jahr 1984 zum Ausschluss von Vätern vom Mutterschaftsurlaub bedürfe angesichts des erheblichen gesellschaftlichen und rechtlichen Wandels im Lauf der vergangenen 40 Jahre einer "beträchtlichen Neubewertung". Damals hatte die Barmer Ersatzkasse mit Billigung der Luxemburger Richter einem deutschen Mann die Zahlung von Mutterschaftsgeld verwehrt. In der den Luxemburger Schlussplädoyers nicht fremden Lyrik merkte er an: "In diesem veränderten Kontext betrachtet, erinnern Logik und Geist des Urteils Hofmann (…) ein wenig an einen Großvater, der mit seiner Nachkommenschaft zu einem gesellschaftlichen Anlass eingeladen wird, bei dem alle Anwesenden, obwohl sie sich eigentlich mögen, eine seltsame Distanz zueinander verspüren und nicht viele gemeinsame Gesprächsthemen haben."
EuGH, Urteil vom 18.11.2020 - C-463/19
Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 18. November 2020.
Weiterführende Links
Zum Thema im Internet
Das Urteil des EuGH ist auf den Seiten des Gerichtshofs in französischer Sprache veröffentlicht.
Aus der Datenbank beck-online
Generalanwalt beim EuGH (Bobek), Schlussantrag vom 09.07.2020, BeckRS 2020, 15196
EuGH, Gleichbehandlung von Männern und Frauen - "Mutterschaftsurlaub", NJW 1984, 2754.
Aus dem Nachrichtenarchiv
EuGH: Zeiten des Elternurlaubs müssen nicht Berechnung der Dauer des Jahresurlaubs einfließen, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 04.10.2018, becklink 2011123.