Klage belgischer Region gegen EU-Genehmigung für Glyphosat unzulässig

Es bleibt dabei: Die Nichtigkeitsklage der Region Brüssel-Hauptstadt gegen die Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat durch die Europäische Kommission ist unzulässig. Dies hat der Europäische Gerichtshof am 03.12.2020 entschieden und damit eine Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union bestätigt. Die Region habe nicht nachgewiesen, dass sie unmittelbar und individuell betroffen ist.

Klage gegen Erneuerung der Glyphosat-Genehmigung

Ende 2017 erneuerte die EU-Kommission die Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat für fünf Jahre. Dagegen erhob die Region Brüssel-Hauptstadt im März 2018 beim Gericht der Europäischen Union Klage. Die Region hatte die Verwendung glyphosathaltiger Pestizide im November 2016 per Erlass verboten. Das Gericht erklärte die Klage wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig. Es stellte insbesondere fest, dass die Region Brüssel-Hauptstadt von der angefochtenen Verordnung nicht unmittelbar betroffen sei. Dagegen legte die Region ein Rechtsmittel ein und beantragte, den EuG-Beschluss aufzuheben, die Nichtigkeitsklage für zulässig zu erklären und die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen.

EuGH: Nichtigkeitsklage mangels unmittelbarer Betroffenheit unzulässig

Der EuGH hat die Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage nun allerdings bestätigt. Es fehle die Klagebefugnis, da die Region Brüssel-Hauptstadt durch die Erneuerung der Genehmigung nicht unmittelbar betroffen ist (Art. 263 Abs. 4 AEUV). Eine unmittelbare Betroffenheit setze voraus, dass sich die Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung der natürlichen oder juristischen Person auswirke, die eine Nichtigkeitsklage erheben wolle. Der EuGH weist darauf hin, dass die Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus entgegen der Ansicht der Region die vom AEUV aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen für Nichtigkeitsklagen nicht ändern können. Denn internationale Übereinkünfte könnten keinen Vorrang gegenüber dem primären Unionsrecht beanspruchen.

Keine Bestätigung der Gültigkeit von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat

Der Einwand der Region, aufgrund der Erneuerung der Genehmigung hätten Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat weiterhin ihre Wirkungen entfalten können, während sie ohne eine Erneuerung der Genehmigung obsolet geworden wären, greife nicht durch. Denn die Erneuerung der Genehmigung eines Wirkstoffs führe nicht dazu, dass die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat bestätigt oder verlängert werden oder weiterlaufen, da ihre Inhaber innerhalb von drei Monaten nach der Genehmigung des Wirkstoffs eine Erneuerung der Zulassung beantragen müssen. Über diesen Antrag müssten die Mitgliedstaaten binnen zwölf Monaten entscheiden.

Föderalbehörde, nicht Region Brüssel-Hauptstadt entscheidet über Zulassungserneuerung

Außerdem obliege die Pflicht, über einen solchen Antrag zu entscheiden sowie die Zulassung um den notwendigen Zeitraum zu verlängern, wenn vor Ablauf der Zulassung keine Entscheidung über deren Erneuerung getroffen wurde, in Belgien der Föderalbehörde. Denn diese sei nach nationalem Recht für "die Festlegung von Produktnormen" zuständig. Nach belgischem Recht seien die Regionen nur "an der Ausarbeitung von föderalen Regelungen im Bereich von Produktnormen beteiligt". Diese beratende Zuständigkeit stelle jedoch keine unmittelbare Wirkung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln dar.

Politische Auswirkungen für unmittelbare Betroffenheit unbeachtlich

Auch der Vortrag der Region, der angefochtene Rechtsakt bilde ein Risiko für die Gültigkeit ihres Verbots der Verwendung von glyphosathaltigen Pestiziden vom November 2016, greife nicht. Laut EuGH sind die Zweifel an der Gültigkeit der Regelung zum Verbot der Verwendung glyphosathaltiger Pestizide in Ansehung der belgischen Verfassung, deren Verbindung mit dem angefochtenen Rechtsakt die Rechtsmittelführerin nicht genauer darstelle, nicht für den Nachweis geeignet, dass sie unmittelbar betroffen wäre. In Erwiderung auf das Vorbringen der Region Brüssel-Hauptstadt, dass die Verabschiedung des Verbots trotz der ungünstigen rechtlichen Rahmenbedingungen von politischen Bedenken von allgemeinen Interessen geleitet gewesen sei und nicht nur von rechtlichen Erwägungen, unterstreicht der EuGH, dass die Voraussetzung der "unmittelbaren Betroffenheit" ausschließlich anhand der Rechtswirkungen der fraglichen Maßnahme zu beurteilen sei. Hingegen wirkten sich ihre etwaigen politischen Auswirkungen nicht auf die Beurteilung aus.

EuGH, Urteil vom 03.12.2020 - C-352/19

Redaktion beck-aktuell, 3. Dezember 2020.