Keine Entschädigung für harte Flugzeuglandung

Erleidet ein Fluggast durch eine harte Flugzeuglandung einen Bandscheibenvorfall, kann er von der Fluggesellschaft keine Entschädigung verlangen, wenn das Landemanöver de lege artis durchgeführt wurde. Unabhängig von der persönlichen Wahrnehmung einzelner Passagiere handele es sich in einem solchen Fall nicht um einen entschädigungspflichtigen Unfall, entschied heute der Gerichtshof der Europäischen Union.

Flugreisende verlangte nach Bandscheibenvorfall durch harte Landung Entschädigung

Hintergrund der Entscheidung ist der Fall einer Passagierin aus Österreich, die bei einem Flug von Wien nach St. Gallen wegen einer harten Landung einen Bandscheibenvorfall erlitten hatte. Sie klagte zunächst in Österreich gegen die den Flug durchführende Gesellschaft Altenrhein Luftfahrt und forderte, das Unternehmen zu einer Zahlung von knapp 69.000 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten zu verurteilen. Die Frau stützte ihre Klage darauf, dass die Landung als "hart" und somit als Unfall im Sinn des Übereinkommens von Montreal einzustufen sei. Dieses Abkommen regelt Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr und gilt auch in der EU.

Kein Pilotenfehler feststellbar

Altenrhein Luftfahrt machte hingegen geltend, dass die Landung auf dem Schweizer Flughafen St. Gallen/Altenrhein im normalen Betriebsbereich des Flugzeugs erfolgt sei. Es handele sich um ein typisches Ereignis während eines Flugs. In dem Urteil des EuGH heißt es zudem unter Verweis auf das Oberste Gericht Österreichs, dass auf dem Flughafen aus flugtechnischer Sicht “wegen der alpinen Lage eine harte Landung sicherer als eine zu weiche“ sei. Im vorliegenden Fall habe kein Pilotenfehler festgestellt werden können.

Luftfahrt-Entschädigung grundsätzlich nur bei Unfallereignis

In Artikel 17 des Übereinkommens von Montreal heißt es: “Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.“ Daraus ergebe sich, dass das Luftfahrtunternehmen nur dann hafte, wenn das Ereignis als “Unfall“ einzustufen sei, stellten die EuGH-Richter fest.

De lege artis durchgeführte Landung kein Unfall

Sie kamen zu dem Schluss, dass es sich bei einer Landung, “die im Einklang mit den für das betreffende Flugzeug geltenden Verfahren und Betriebsgrenzen (...) und unter Berücksichtigung der Regeln der Technik und der bewährten Praktiken auf dem Gebiet des Betriebs von Luftfahrzeugen durchgeführt wird“, nicht um einen Unfall handele. Dies gelte auch dann, wenn der betroffene Fluggast die Landung als unvorhergesehenes Ereignis wahrgenommen habe. Im konkreten Fall muss die österreichische Justiz nun noch eine Entscheidung auf Basis des EuGH-Urteils treffen.

EuGH, Urteil vom 12.05.2021 - C-70/20

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2021 (dpa).