Italien hat gegen Richtlinie zur Luftqualität verstoßen

Der Gerichtshof der europäischen Union hat einer Vertragsverletzungsklage der Europäischen Kommission gegen Italien stattgegeben. Das Land habe die Grenzwerte für die Konzentrationen von PM10-Partikeln (Feinstaub) zwischen 2008 und 2017 systematisch und andauernd überschritten, ohne dass rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen worden seien, so der Gerichtshof in seinem Urteil.

EU-Kommission klagt Italien wegen anhaltender Luftverschmutzung an

Die Europäische Kommission leitete 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien wegen systematischer und andauernder Überschreitung der in der Richtlinie “Luftqualität“ festgelegten Grenzwerte für die Konzentrationen von PM10-Partikeln ein. Gerügt wurde außerdem, dass das Land keine geeigneten Maßnahmen ergriffen hatte, um in allen betreffenden Gebieten die Einhaltung der Grenzwerte für PM10-Partikel zu gewährleisten. Da die Kommission die im Vorverfahren von der Italienischen Republik hierzu abgegebenen Erläuterungen für unzureichend hielt, erhob sie Vertragsverletzungsklage.

EuGH: Italien hat gegen Richtlinie zur Luftqualität verstoßen

Der Gerichtshof der europäischen Union hat der Klage stattgegeben. Italien habe eine Vertragsverletzung begangen, weil es systematisch und andauernd gegen die Richtlinie “Luftqualität“ verstoßen habe. Von 2008 bis einschließlich 2017 seien die Tages- und Jahresgrenzwerte für PM10-Partikel in den betreffenden Gebieten mit großer Regelmäßigkeit überschritten worden. Hierbei spiele keine Rolle, ob die Überschreitung der Grenzwerte mit Absicht oder fahrlässig begangen worden sei oder ob sie auf aufgetretenen technischen oder strukturellen Schwierigkeiten beruht habe.

Regionale Überschreitung der Grenzwerte reichte aus

Etwas anderes gelte nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die von der Italienischen Republik nicht belegt seien. Schließlich sei auch der von Italien geltend gemachte Umstand irrelevant, dass die von der Rüge der Kommission betroffenen Gebiete im Vergleich zum gesamten Hoheitsgebiet einen begrenzten Umfang hätten. Insoweit genüge die Überschreitung der Grenzwerte für PM10-Partikel, und sei es auch nur in einem einzigen Gebiet, für sich allein, um einen Verstoß gegen die genannten Bestimmungen der Richtlinie “Luftqualität“ festzustellen.

Luftqualitätsplan nicht rechtzeitig vorgelegt

Italien habe außerdem nicht die geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Grenzwerte für PM10-Partikel zu gewährleisten. Insbesondere habe das Land trotz der Kenntnis von den Grenzwertüberschreitungen nicht rechtzeitig begonnen, einen nach dem Unionsrecht erforderlichen Luftqualitätsplan zu erstellen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten. Italien seien auch keine längeren Fristen zuzugestehen, da die Zeitvorgeben der Richtlinie bindend seien und die Richtlinienziele des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt entgegenstünden. Ungeachtet dessen, dass man keine sofortige Einhaltung der Grenzwerte erwarten könne, komme eine generelle Verlängerung der Frist zur Einhaltung der Grenzwerte – gegebenenfalls auf unbestimmte Zeit – nicht in Frage.

EuGH, Urteil vom 10.11.2020 - C-644/18

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2020.