EuGH: Halal-Fleisch darf nicht mit EU-Bio-Logo gekennzeichnet werden

Fleisch von Tieren, die ohne vorherige Betäubung rituell geschlachtet wurden, darf nicht das europäische Bio-Logo tragen. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 26.02.2019 entschieden. Eine solche Schlachtmethode erfülle nicht die höchsten Tierschutzstandards, so der EuGH (Az.: C-497/17).

Französischer Tierschutzverband beantragte Verbot des EU-Bio-Gütesiegels für Halal-Fleisch

2012 beantragte das Hilfswerk für Schlachttiere (OABA), ein französischer Tierschutzverband, beim französischen Landwirtschaftsminister, die Kennzeichnung "ökologischer/biologischer Landbau" für die Bewerbung von als "halal" zertifizierten Hacksteaks verbieten zu lassen, die von Tieren stammten, die ohne vorherige Betäubung geschlachtet wurden. Der Antrag wurde implizit abgelehnt. Das zuständige französische Verwaltungsgericht gab der Klage von OABA nicht statt.

Vorlagegericht: EU-Bio-Gütesiegel für Halal-Fleisch mit EU-Recht vereinbar?

Das mit dem Rechtsstreit befasste Verwaltungsberufungsgericht bat den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren um Klärung, ob die anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts (unter anderem Öko-Verordnung (EG) Nr. 834/2007, Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 und Tierschlachtungsverordnung Verordnung (EG) Nr. 1099/2009) dahin auszulegen seien, dass sie die Vergabe des europäischen Gütezeichens "ökologischer/biologischer Landbau" an Erzeugnisse, die von Tieren stammen, die Gegenstand einer rituellen Schlachtung ohne Betäubung waren, zulassen oder verbieten.

EuGH: Tierwohl von zentraler Bedeutung bei Produktionsprozess

Der EuGH hat entschieden, dass die Vorschriften des Unionsrechts die Anbringung des EU-Bio-Logos auf Produkten, die von Tieren stammen, die Gegenstand einer rituellen Schlachtung ohne vorherige Betäubung waren, nicht gestatten. Der Unionsgesetzgeber habe in den betreffenden Verordnungen mehrfach seine Absicht betont, im Rahmen dieser Produktionsmethode, die sich durch die Beachtung strengerer Tierschutznormen an allen Orten und in allen Stadien dieser Produktion auszeichne, in denen es möglich sei, das Tierwohl noch weiter zu verbessern, unter anderem bei der Schlachtung, ein hohes Tierschutzniveau sicherzustellen.

Tierwohl durch Betäubung am wirksamsten gewahrt

Wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass die Betäubung die Technik darstellt, die das Tierwohl zum Zeitpunkt der Schlachtung am wenigsten beeinträchtige, so der EuGH weiter. Die Praxis der rituellen Schlachtung, in deren Rahmen das Tier ohne vorherige Betäubung getötet werden könne und die in der Union ausnahmsweise erlaubt sei, um die Beachtung der Religionsfreiheit sicherzustellen, sei nicht geeignet, Schmerzen, Stress oder Leiden des Tieres genauso wirksam zu mildern wie eine Schlachtung, der eine Betäubung vorausgehe. Denn die Betäubung sei erforderlich, um beim Tier eine Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit herbeizuführen, mit der sein Leiden erheblich verringert werden könne.

Rituelle Schlachtungen mildern Tierleiden nicht bestmöglich

Zwar sei bei der Schlachtung ohne Betäubung ein präziser Halsschnitt mit einem scharfen Messer erforderlich, damit das Tier nicht so lange leiden müsse. Eine solche Technik erlaube es jedoch nicht, das Leiden der Tiere so gering wie möglich zu halten. Der EuGH hält daher fest, dass die von religiösen Riten vorgeschriebenen speziellen Schlachtmethoden, die ohne vorherige Betäubung durchgeführt werden, im Hinblick auf die Sicherstellung eines hohen Tierschutzniveaus zum Zeitpunkt der Tötung nicht mit der grundsätzlich vom Unionsrecht vorgeschriebenen Schlachtmethode unter vorheriger Betäubung gleichwertig seien.

Vertrauen der Verbraucher in Erzeugnisse mit EU-Bio-Gütesiegel zu wahren

Der EuGH unterstreicht abschließend, dass das Ziel der Unionsvorschriften über die ökologische/biologische Kennzeichnung darin bestehe, "das Vertrauen der Verbraucher in als ökologisch/biologisch gekennzeichnete Erzeugnisse zu wahren und zu rechtfertigen", und dass es wichtig sei, darauf zu achten, dass die Verbraucher die Sicherheit haben, dass mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnete Erzeugnisse tatsächlich unter Beachtung der höchsten Normen, unter anderem im Bereich des Tierschutzes, erzeugt wurden.

EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-497/17

Redaktion beck-aktuell, 26. Februar 2019.