EuGH: Google muss Auslistung persönlicher Daten EU-weit aber nicht weltweit leisten

Der Betreiber einer Suchmaschine ist nicht verpflichtet, dem Begehren zur Löschung personenbezogener Suchergebnisse durch eine Auslistung in allen Versionen seiner Suchmaschine nachzukommen. Er muss sie aber in allen mitgliedstaatlichen Versionen vornehmen und Maßnahmen ergreifen, um die Internetnutzer davon abzuhalten, von einem Mitgliedstaat aus auf die entsprechenden Links in Nicht-EU-Versionen der Suchmaschine zuzugreifen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 24.09.2019 entschieden (Az: C-507/17).

Google verweigerte Auslistung für alle Domains

Google wurde 2015 von der CNIL aufgefordert, die Auslistung seiner Suchmaschine auf alle Domains zu erstrecken. Nachdem das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nachkam und die betreffenden Links nur aus den Ergebnissen entfernte, die bei Sucheingaben auf Domains angezeigt wurden, die den Versionen ihrer Suchmaschine in den Mitgliedstaaten entsprachen, beschloss die Kommission am 10.03.2016 eine Sanktion von 100.000 Euro zu verhängen. Google klagte in Frankreich auf Nichtigerklärung dieses Kommissionsbeschlusses. Das Unternehmen ist der Auffassung, das Auslistungsrecht setze nicht zwangsläufig voraus, dass die streitigen Links ohne geografische Beschränkung auf sämtlichen Domains ihrer Suchmaschine entfernt werden.

Französisches Gericht bat EuGH um Klärung des Umfangs der Auslistungspflicht

Das mit der Sache befasste französische Gericht legte dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Es will wissen, ob die Vorschriften des Unionsrechts über den Schutz personenbezogener Daten dahin auszulegen seien, dass der Betreiber einer Suchmaschine, wenn er einem Auslistungsantrag stattgebe, die Auslistung in allen Versionen seiner Suchmaschine, nur in allen mitgliedstaatlichen Versionen oder nur in der Version für den Mitgliedstaat, in dem der Auslistungsantrag gestellt wurde, vorzunehmen habe.

EuGH: Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich zur Auslistung verpflichtet

Der Gerichtshof hat auf seine Rechtsprechung verwiesen, nach der ein Suchmaschinenbetreiber wie Google, der eine einheitliche Verarbeitung personenbezogener Daten ausführe, grundsätzlich dazu verpflichtet sei, bei einem Auslistungsantrag einer Person solche Links von der namensbezogenen Ergebnisliste zu entfernen, die zu Webseiten mit Informationen über die Person führen. Diese Auslistungspflicht gelte aber nicht weltweit, obgleich dadurch am besten das Schutzziel des Unionsrechts betreffend den Schutz personenbezogener Daten vollständig erreicht werden könnte.

Auslistungspflicht auf Hoheitsgebiet der Union beschränkt

Zahlreiche Drittstaaten würden gar kein Auslistungsrecht kennen oder verfolgten bei diesem Recht einen anderen Ansatz. Auch sei das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht, sondern müsse im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Zudem könne die Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten einerseits und der Informationsfreiheit der Internetnutzer andererseits weltweit sehr unterschiedlich ausfallen. Aus den hier maßgeblichen Vorschriften ergebe sich nicht, dass der Unionsgesetzgeber eine solche Abwägung in Bezug auf die Reichweite einer Auslistung über die Union hinaus durchgeführt hätte oder dass er entschieden hätte, den in diesen Bestimmungen verankerten Rechten des Einzelnen eine Reichweite zu verleihen, die über das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten hinausgeht.

Google muss deshalb Auslistung nicht in allen Versionen seiner Suchmaschine vornehmen

Es ergebe sich daraus auch nicht, dass er einem Wirtschaftsteilnehmer wie der Google Inc. eine Pflicht zur Auslistung hätte auferlegen wollen, die auch für die nicht mitgliedstaatlichen nationalen Versionen seiner Suchmaschine gelte. Das Unionsrecht sehe zudem keine Instrumente und Kooperationsmechanismen im Hinblick auf die Reichweite einer Auslistung über die Union hinaus vor. Nach derzeitigem Stand sei ein Suchmaschinenbetreiber, der einem Auslistungsantrag der betroffenen Person – gegebenenfalls auf Anordnung einer Aufsichts- oder Justizbehörde eines Mitgliedstaats – stattgebe, nicht verpflichtet, eine solche Auslistung in allen Versionen seiner Suchmaschine vorzunehmen.

Suchmaschinenbetreiber aber zu zugriffserschwerenden Maßnahmen verpflichtet

Das Unionsrecht verpflichte den Suchmaschinenbetreiber jedoch, eine solche Auslistung in allen mitgliedstaatlichen Versionen seiner Suchmaschine vorzunehmen und hinreichend wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um einen wirkungsvollen Schutz der Grundrechte der betroffenen Person sicherzustellen. Eine solche Auslistung müsse daher erforderlichenfalls von Maßnahmen begleitet sein, die es tatsächlich erlauben, die Internetnutzer, die von einem Mitgliedstaat aus eine Suche anhand des Namens der betroffenen Person durchführen, daran zu hindern oder zumindest zuverlässig davon abzuhalten, über die im Anschluss an diese Suche angezeigte Ergebnisliste mittels einer Nicht-EU-Version der Suchmaschine auf die Links des Auslistungsantrags zuzugreifen. Das vorlegende Gericht habe zu prüfen, ob die von der Google Inc. getroffenen Maßnahmen diesen Anforderungen genügen.

Nationaler Gesetzgeber könnte Auslistungspflicht für alle Versionen der Suchmaschine einführen

Darüber hinaus hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Behörden eines Mitgliedstaats befugt sind, anhand von nationalen Schutzstandards für die Grundrechte eine Abwägung zwischen dem Recht der betroffenen Person auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten einerseits und dem Recht auf freie Information andererseits vorzunehmen. Deshalb könnten sie nach erfolgter Abwägung gegebenenfalls dem Suchmaschinenbetreiber aufgeben, eine Auslistung in allen Versionen seiner Suchmaschine vorzunehmen.

EuGH, Urteil vom 24.09.2019 - C-507/17

Redaktion beck-aktuell, 24. September 2019.