Ge­schütz­te Ur­sprungs­be­zeich­nung schützt auch vor zu ähn­li­chem Er­schei­nungs­bild

Le­bens­mit­tel von frem­den An­bie­tern dür­fen in den EU-Staa­ten nicht so hei­ßen oder ohne wei­te­res so aus­se­hen wie Agrar­er­zeug­nis­se mit ge­schütz­ter Her­kunfts­be­zeich­nung. Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof hat am 17.12.2020 einen Käse ver­bo­ten, der einem Kon­kur­renz­pro­dukt mit ein­ge­tra­ge­nem Namen in Form und Er­schei­nungs­bild so sehr äh­nelt, dass Ver­brau­cher die bei­den ver­wech­seln könn­ten - selbst wenn sie un­ter­schied­lich hei­ßen.

Käse mit Koh­le­strei­fen

Kon­kret ging es bei dem Ur­teil um einen Fall aus Frank­reich: Ein Ver­band ver­klag­te dort eine Firma, weil deren Käse aus­sieht wie Milch­er­zeug­nis­se, die unter dem Be­griff "Mor­bier" ge­schützt sind. Der "Mor­bier" ist ein Käse, der seit 2000 eine ge­schütz­te Ur­sprungs­be­zeich­nung (g.U.) trägt. Er ist durch einen schwar­zen Koh­le­strei­fen ge­kenn­zeich­net, der den Käse ho­ri­zon­tal in zwei Hälf­ten teilt. Die­ser schwar­ze Strei­fen wird in der Be­schrei­bung des Er­zeug­nis­ses, die in der Spe­zi­fi­ka­ti­on der g.U. ent­hal­ten ist, aus­drück­lich ge­nannt.

Der Name än­der­te sich, das Aus­se­hen blieb

Die be­klag­te Firma, die Mor­bier-Käse seit 1979 her­stellt, ist nicht im Jura-Mas­siv, also in dem geo­gra­fi­schen Ge­biet an­säs­sig, dem die Be­zeich­nung "Mor­bier" vor­be­hal­ten ist. Seit In­kraft­tre­ten der g.U. ver­wen­det sie daher für ihren Käse eine an­de­re Be­zeich­nung. Dies ging dem kla­gen­den Ver­band zur Ver­tei­di­gung des Mor­bier-Käses je­doch nicht weit genug: Indem das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild des Käses immer noch dem des "Mor­bier" glei­che, ver­let­ze die Firma die g.U. und be­ge­he un­lau­te­re und ruf­aus­nut­zen­de Hand­lun­gen.

Pa­ri­ser Ge­richt: g.U. schützt den Namen, nicht das Er­schei­nungs­bild

Mit einem 2017 er­las­se­nen Ur­teil wies die Cour d'appel de Paris (Be­ru­fungs­ge­richt Paris) die Klage ab. Nach An­sicht des Ge­richts sol­len mit einer g.U. nicht das Er­schei­nungs­bild eines Er­zeug­nis­ses oder des­sen Ei­gen­schaf­ten ge­schützt wer­den, son­dern sein Name, so dass sie nicht ver­bie­te, ein Er­zeug­nis nach den­sel­ben Tech­ni­ken her­zu­stel­len. Der Ver­band legte dar­auf­hin gegen die­ses Ur­teil Kas­sa­ti­ons­be­schwer­de ein. Das Kas­sa­ti­ons­ge­richt bat nun­mehr den EuGH um eine Aus­le­gung, ob die ähn­li­che Optik Ver­brau­cher ir­re­füh­ren kann.

EuGH: Koh­le­strei­fen im Käse kann Ver­brau­cher täu­schen

Der EuGH er­teil­te dem un­ech­ten Mor­bier-Käse nun eine Ab­sa­ge. Er stell­te fest, dass die in Rede ste­hen­den EU-Ver­ord­nun­gen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 zwar den ein­ge­tra­ge­nen Namen und nicht das mit ihm be­nann­te Er­zeug­nis schüt­zen. Eine g.U. und das von ihr er­fass­te Er­zeug­nis seien je­doch eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Daher könne die Wie­der­ga­be der Form oder des Er­schei­nungs­bil­des eines Er­zeug­nis­ses einen Ver­brau­cher in Bezug auf den tat­säch­li­chen Ur­sprung des frag­li­chen Er­zeug­nis­ses selbst dann ir­re­füh­ren, wenn der Name auf dem frag­li­chen Er­zeug­nis oder auf sei­ner äu­ße­ren Ver­pa­ckung gar nicht er­scheint. Dies sei je­den­falls dann der Fall, wenn das Pro­dukt eine be­son­ders un­ter­schei­dungs­kräf­ti­ge Re­fe­ren­z­ei­gen­schaft des ge­schütz­ten Er­zeug­nis­ses dar­stellt - wie im vor­lie­gen­den Fall den schwar­zen Koh­le­strei­fen.

EuGH, Urteil vom 17.12.2020 - C-490/19

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2020 (ergänzt durch Material der dpa).

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