EuGH-Generalanwalt: Ungarns Transitlager für Asylbewerber ist rechtswidrig

Die Unterbringung von Asylbewerbern im ungarischen Container-Lager Röszke verstößt gegen EU-Recht. Dies geht aus den Schlussanträgen des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof Priit Pikamäe vom 23.04.2020 hervor. In der Transitzone an der serbischen Grenze sei die Bewegungsfreiheit der Menschen in so hohem Maß eingeschränkt, dass es sich um Haft handele, befand Pikamäe. Dies sei rechtswidrig (Az.: C-924/19 PPU und C-925/19 PPU).

Zuweisung eines Aufenthaltsortes in Transitzone

Hintergrund ist der Fall vierer Asylbewerber aus dem Iran und aus Afghanistan, die über die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gekommen waren. Die ungarischen Behörden wiesen ihre Asylanträge mit der Begründung ab, sie seien über ein Land – den Nicht-EU-Staat Serbien – eingereist, in dem ihnen weder Verfolgung noch ernsthafter Schaden drohe. Zudem sei in den Ländern, über die sie nach Ungarn gekommen seien, ein angemessenes Schutzniveau gegeben. Serbien lehnte es jedoch ab, die Menschen zurückzunehmen, woraufhin das Zielland der Rückführung in Iran beziehungsweise Afghanistan geändert wurde. Zudem wurde den Asylbewerbern ein Sektor in der Transitzone Röszke als Aufenthaltsort zugewiesen.

Ungarns Asylpolitik setzt auf Abschottung und Abschreckung

Budapest verfolgt unter dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban eine Politik der Abschottung und der Abschreckung von Flüchtlingen und Migranten. Seit Frühjahr 2017 hält Ungarn Asylbewerber in zwei Container-Lagern unmittelbar an der Grenze zu Serbien fest. Die Gebiete sind mit hohem Zaun und Stacheldraht umgeben. Die vier Asylbewerber durften ihren Sektor nur in Ausnahmen und in polizeilicher Begleitung verlassen. Besuch war nur nach vorheriger Genehmigung in einem gesonderten Container erlaubt.

Ungarn verweist auf freiwilligen Aufenthalt der Menschen

Ungarn argumentiert stets, die Menschen hielten sich "freiwillig" dort auf, weil sie die Lager in Richtung Serbien verlassen könnten. Wer jedoch nach Serbien zurückkehrt, verliert in Ungarn automatisch seinen Status als Asylbewerber. Der Generalanwalt machte am 23.04.2020 zudem deutlich, dass Ungarn die Bearbeitung der Asylanträge nicht mit dem Hinweis ablehnen dürfe, die Betroffenen seien durch ein sicheres Transitland gekommen. 

EuGH, Schlussanträge vom 23.04.2020 - C-924/19

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2020 (dpa).