Richterernennung in Polen teilweise rechtswidrig

Die Ernennung einiger Richter des Obersten Gerichts in Polen verstößt gegen EU-Recht. Dies jedenfalls meint der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Evgeni Tanchev. Er betonte am Donnerstag in seinen Schlussanträgen, dass es bei der Ernennung eklatante Verstöße gegen das polnische Recht – und somit gegen EU-Recht – gegeben habe. Es sei letztlich jedoch Sache der polnischen Gerichte zu prüfen, wie schwerwiegend die Verstöße seien.

Regierungskritische Richter greifen Besetzung obersten Gerichts an

Hintergrund der beiden EuGH-Gutachten sind die Fälle zweier regierungskritischer Richter in Polen. Zum einen geht es um die Amtsrichterin Monika Frackowiak, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, zum anderen um den Krakauer Bezirksrichter Waldemar Zurek, der vor dem polnischen Obersten Gericht seine Versetzung innerhalb des Bezirksgerichts beanstandet. Beide fechten die Besetzung des Obersten Gerichts zum Teil an.

Bewerbern um Richterstellen muss wirksame gerichtliche Überprüfung offenstehen

Die PiS baut das Justizwesen des Landes trotz internationaler Kritik seit Jahren um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen; zum Teil wurden sie vom EuGH gekippt. Tanchev betont nun unter anderem, dass Bewerbern um Richterstellen eine wirksame gerichtliche Überprüfung offenstehen müsse. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Staat – wie in Polen – so deutlich in die Richterernennung eingreife, dass die künftige Unabhängigkeit der Richter gefährdet sei. Es sei ein eklatanter Verstoß gegen die polnischen Vorschriften, dass Polens Präsident Andrzej Duda Richter am Obersten Gericht ernannt habe, obwohl noch nicht über Rechtsbehelfe entschieden worden war.

EuGH, Urteil vom 15.04.2021 - C-487/19

Redaktion beck-aktuell, 15. April 2021 (dpa).