Kri­te­ri­en für Auf­nah­me aus Kon­flikt­ge­bie­ten auf dem EuGH-Prüf­stand

An­trä­ge für die Auf­nah­me von Men­schen aus Kon­flikt­ge­bie­ten wer­den in Deutsch­land nach An­sicht des Ge­ne­ral­an­walts beim Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof Priit Pi­ka­mäe nur an­hand un­zu­rei­chen­der Kri­te­ri­en ge­prüft. Bei einer sol­chen Ent­schei­dung dürfe nicht aus­schlie­ß­lich das Ver­hält­nis von To­des­op­fern zur Ge­samt­be­völ­ke­rung eine Rolle spie­len, er­läu­ter­te Pi­ka­mäe in sei­nen Schluss­an­trä­gen vom Don­ners­tag.

Deutsch­land muss wei­te­re Fak­to­ren ein­be­zie­hen

Viel­mehr müss­ten an­de­re Fak­to­ren wie das geo­gra­fi­sche Aus­maß will­kür­li­cher Ge­walt oder die In­ten­si­tät der be­waff­ne­ten Aus­ein­an­der­set­zung be­rück­sich­tigt wer­den. Auch die Dauer des Kon­flikts, die Zahl der ver­trie­be­nen und ver­wun­de­ten Men­schen aus der Zi­vil­be­völ­ke­rung und die Art der Kriegs­füh­rung spiel­ten eine Rolle.

Aus­gangs­ver­fah­ren: Sub­si­diä­rer Schutz für zwei Af­gha­nen

Im zu­grun­de lie­gen­den Aus­gangs­ver­fah­ren hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Baden-Würt­tem­berg in Mann­heim dar­über zu ent­schei­den, ob zwei Per­so­nen aus der af­gha­ni­schen Pro­vinz Nan­gar­har sub­si­diä­ren Schutz be­kom­men. Die­ser wird in Deutsch­land dann ge­währt, wenn Be­trof­fe­nen im Her­kunfts­land Fol­ter, To­des­stra­fe oder eine ernst­haf­te in­di­vi­du­el­le Be­dro­hung des Le­bens oder der Un­ver­sehrt­heit "in­fol­ge will­kür­li­cher Ge­walt im Rah­men eines in­ter­na­tio­na­len oder in­ner­staat­li­chen be­waff­ne­ten Kon­flikts" droht. Die Mög­lich­keit für Fa­mi­li­en­nach­zug ist bei sub­si­diä­rem Schutz deut­lich be­grenzt.

Kri­te­ri­en re­le­van­ter Be­dro­hung für Zi­vil­be­völ­ke­rung nach­ge­fragt

Der VGH ar­gu­men­tier­te, dass in bei­den Fäl­len ei­gent­lich kein sub­si­diä­rer Schutz ge­währt wer­den könne. Denn für diese Ent­schei­dung komme es ma­ß­geb­lich auf die Zahl der zi­vi­len To­des­op­fer an und diese er­rei­che den in der deut­schen Recht­spre­chung zu­grun­de ge­leg­ten Schwel­len­wert trotz hoher Op­fer­zah­len nicht. An­de­re Um­stän­de wie­sen je­doch auf eine nicht mehr hin­nehm­ba­re Ge­fähr­dung der Zi­vil­be­völ­ke­rung hin. Des­halb woll­te das deut­sche Ge­richt vom EuGH wis­sen, wel­che Kri­te­ri­en dafür gel­ten, dass eine re­le­van­te Be­dro­hung für die Zi­vil­be­völ­ke­rung herrscht.

EuGH, Schlussanträge vom 11.02.2021 - C-901/19

Redaktion beck-aktuell, 12. Februar 2021 (dpa).

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