Flugannullierung: Airline muss auch Vermittlungsprovision erstatten

Wird ein Flug annulliert, müssen Airlines den Fluggästen grundsätzlich auch Provisionen erstatten, die bei Buchungen über Vermittler angefallen sind. Laut EuGH-Generalanwalt Rimvydas Norkus gilt das auch dann, wenn die Airline die genaue Höhe der Provision, die der Vermittler erhebt, nicht kennt.

Fluggäste hatten über das Online-Reiseportal Opodo Tickets für Flüge mit der niederländischen Airline KLM erworben. Der Flug wurde annulliert, von den an Opodo gezahlten 2.053 Euro erstattete KLM den Fluggästen 1.985 Euro, nicht aber die Differenz von 95 Euro, die Opodo als Vermittlungsprovision kassiert hatte. Der österreichische Verein für Konsumenteninformation verklagte KLM für die Fluggäste auf Erstattung der Provision.

KLM arbeitete schon mindestens ein Jahrzehnt mit Opodo zusammen. Außerdem gab es zwischen den beiden Unternehmen einen "Global Incentive Vertrag", der für Opodo Belohnungsbeträge abhängig von der Zahl der verkauften Tickets vorsah. Die Airline machte aber geltend, es gebe keine Vereinbarung mit dem Portal über die Vermittlungsprovision, sie habe diese auch nicht genehmigt und ihre Höhe sei ihr nicht bekannt.

Der österreichische OGH schaltete den EuGH zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung ein. Hintergrund ist, dass der EuGH bereits in seinem früheren "Harms"-Urteil entschieden hatte, dass Airlines bei einer Flugannullierung auch Provisionen erstatten müssen – es sei denn, der Vermittler hat die Provision ohne ihr Wissen festgelegt. Der OGH bat nun um Präzisierung, ob die Fluggesellschaft die genaue Höhe der Provision kennen müsse, außerdem ging es um die Beweislast.

Airline muss genaue Höhe nicht kennen

EuGH-Generalanwalt Rimvydas Norkus ist der Ansicht, dass der im Fall der Annullierung zu erstattende Preis für das Flugticket auch die Provision einschließt, auch wenn die Fluggesellschaft die genaue Höhe dieser Provision nicht kannt. Die Provision müsse die Airline nur dann nicht erstatten, wenn sie nachweise, dass sie nichts von der Provisionserhebung wusste und sie nicht gebilligt hat. Dabei genüge sie ihrer Beweislast bereits dadurch, dass es alle relevanten Begleitumstände plausibel darlegt (Schlussanträge vom 19.06.2025 - C 45/24).

Norkus erläutert, dass eine dauerhafte Beziehung zwischen Airline und Vermittler grundsätzlich genüge, um zu belegen, dass die Airline von der Erhebung einer Provision wusste und sie damit implizit billigte. Die Airline sei daher nur in dem seltenen Fall von ihrer Verantwortung befreit, dass "der Vermittler von sich aus ohne jede Beteiligung, Genehmigung oder Wissen seitens des Luftfahrtunternehmens tätig wird". Für das "Wissen" im Sinne des "Harms"-Urteils reiche es aus, dass der Airline die Rolle des Vermittlers bekannt sei und sie seine Tätigkeiten gegen Provision billige. Im konkreten Fall stehe fest, dass KLM von der Provision wusste und sie billigte, so Norkus. 

EuGH, Schlussanträge vom 19.06.2025 - C 45/24

Redaktion beck-aktuell, hs, 20. Juni 2025.

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