EuGH-Generalanwalt: Airbnb stellt Dienst der Informationsgesellschaft dar

Die Airbnb-Plattform für Unterkunftsvermittlung stellt einen Dienst der Informationsgesellschaft im Sinn der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG dar. Diese Auffassung vertritt der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Maciej Szpunar in seinen Schlussanträgen vom 30.04.2019 (Az.: C-390/18).

Airbnb Ireland wird in Frankreich unzulässige Grundstücksmaklertätigkeit vorgeworfen

In Frankreich ist gegen den Unterkunftsvermittler Airbnb Ireland Anklage wegen Verdachts auf Verstöße gegen das "Loi Hoguet" erhoben worden. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, als Grundstücksmakler tätig zu sein, ohne über den nach dem genannten Gesetz erforderlichen Gewerbeausweis zu verfügen. Airbnb Ireland bestreitet, als Grundstücksmaklerin tätig zu sein, und macht geltend, das "Loi Hoguet" sei nicht anwendbar, da es mit der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG unvereinbar sei.

Airbnb-Plattform von Online-Dienstleistungsfreiheit in E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG erfasst?

Der zuständige Untersuchungsrichter hat den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren angerufen. Der EuGH soll klären, ob die Leistungen, die Airbnb Ireland in Frankreich mittels einer von Irland aus betriebenen elektronischen Plattform erbringt, unter die in der Richtlinie vorgesehene Freiheit des Dienstleistungsverkehrs fallen. Außerdem möchte der Untersuchungsrichter wissen, ob die im "Loi Hoguet" enthaltenen restriktiven Vorschriften für die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers in Frankreich Airbnb Ireland entgegengehalten werden können.

EuGH-Generalanwalt: Airbnb-Plattform stellt Dienst der Informationsgesellschaft dar

Nach Ansicht Szpunars ist die erste Frage zu bejahen. Airbnb stelle einen Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2000/31/EG in Verbindung mit Richtlinie 2015/1535/EU dar. Denn das Unternehmen stelle mittels einer elektronischen Plattform Kontakt zwischen potentiellen Mietern und Vermietern her, ohne Kontrolle über die wesentlichen Modalitäten der Beherbergungsleistungen auszuüben. Der Umstand, dass Airbnb auch andere in materieller Form erbrachte Dienstleistungen anbiete, stehe der Einstufung dieser elektronisch erbrachten Dienstleistung als Dienst der Informationsgesellschaft nicht entgegen, da – was Voraussetzung sei – letztere Dienstleistung mit den anderen Dienstleistungen nicht untrennbar verbunden sei.

Nationale Beschränkungen müssen Voraussetzungen der Richtlinie erfüllen

Zur zweiten Frage führt  Szpunar aus, dass das "Loi Hoguet" auf den ersten Blick in den Anwendungsbereich der E-Commerce-Richtlinie falle, da es sich um die Regelung eines anderen Mitgliedstaats als des Herkunftsmitgliedstaats handele, die geeignet sei, die Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken. Eine Anforderung, die ein anderer Mitgliedstaat als der Herkunftsstaat des Anbieters der Dienste der Informationsgesellschaft aufstelle, könne diesem Anbieter nur entgegengehalten werden und nur dann eine Beschränkung des freien Verkehrs dieser Dienste bewirken, wenn sie eine Maßnahme darstellt, die die materiell-rechtlichen und die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gemäß der Richtlinie erfüllt.

Grundstücksmaklerregelungen für Verbraucherschutz erforderlich und angemessen?

Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat Ausnahmen vom freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nur durch "auf den konkreten Einzelfall" bezogene Maßnahmen vorsehen dürfe. Jedenfalls müsse das vorlegende Gericht feststellen, ob die fraglichen Maßnahmen unter Berücksichtigung aller ihm zur Kenntnis gebrachten Umstände erforderlich seien, um den Verbraucherschutz sicherzustellen, und ob sie nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderliche Maß hinausgingen.

Kommission muss zuvor informiert und Herkunftsmitgliedstaat zu Maßnahmen aufgefordert werden

Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen legt Szpunar dar, dass ein Mitgliedstaat, der beabsichtige, Maßnahmen zur Beschränkung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat zu erlassen, zuvor die Kommission über seine Absicht unterrichten und den Herkunftsmitgliedstaat auffordern müsse, Maßnahmen in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen. Es deute nichts darauf hin, dass Frankreich Irland aufgefordert hätte, Maßnahmen im Hinblick auf Dienste der Informationsgesellschaft zu ergreifen und auch die Voraussetzung in Bezug auf die Unterrichtung der Kommission scheine nicht erfüllt worden zu sein, und zwar weder während der Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nach Ablauf dieser Frist. Die unterlassene Unterrichtung über eine Maßnahme werde dadurch sanktioniert, dass diese Maßnahme dem Anbieter der betreffenden Dienste nicht entgegengehalten werden könne.

Eigenmächtige nationale Beschränkungen unzulässig

Zu der Frage, ob ein anderer als der Herkunftsmitgliedstaat den Anbietern einer bestimmten Kategorie von Diensten der Informationsgesellschaft Anforderungen in Bezug auf die Ausübung des Berufs eines Grundstücksmaklers wie die in dem "Loi Hoguet" vorgesehenen eigenmächtig und ohne Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen auferlegen darf, vertritt der Generalanwalt die Ansicht, dass die Richtlinie einem Mitgliedstaat verbiete, unter derartigen Umständen und auf eine solche Weise den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mietgliedstaat zu beschränken.

EuGH, Schlussanträge vom 30.04.2019 - C-390/18

Redaktion beck-aktuell, 3. Mai 2019.

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