Ein belgischer Fußballverein schloss mit einer maltesischen Gesellschaft einen Vertrag über die Übertragung der wirtschaftlichen Rechte mehrerer Fußballspieler. Die FIFA sah hierin einen Verstoß gegen ihre Regeln und verhängte Disziplinarmaßnahmen gegen den Verein, die vom Sportschiedsgericht (CAS) und vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigt wurden.
Der belgische Fußballverein rief die belgischen Gerichte an: Er wollte wissen, ob die FIFA-Regeln, die Dritten das Eigentum an den wirtschaftlichen Rechten der Spieler untersagen, mit Unionsrecht vereinbar sind oder nicht. Die belgischen Gerichte aber hielten sich für nicht zuständig: Nach belgischem Recht komme bestimmten Arten von Handelsschiedssprüchen einschließlich der Schiedssprüche des CAS Rechtskraftwirkung zu.
Der mit der Sache in Belgien zuletzt befasste Kassationsgerichtshof rief den EuGH an. Dieser möge klären, ob das Unionsrecht der Anwendung solcher nationalen Bestimmungen auf einen Schiedsspruch entgegensteht, der lediglich vom Gericht eines Staates überprüft wurde, der nicht der EU angehört.
Hierzu bezieht Generalanwältin Capeta klar Stellung: Sportakteuren der EU, die dem Streitbeilegungssystem der FIFA unterliegen, müssen ihrer Ansicht nach ein direkter Rechtsweg zu einem nationalen Gericht und eine umfassende Kontrolle aller Vorschriften des Unionsrechts durch dieses Gericht zugänglich sein, und zwar ungeachtet eines endgültigen Schiedsspruchs des CAS (Schlussanträge vom 16.01.2025 – C-600/23).
Sportschiedsgerichtsbarkeit nicht mit Handelsschiedsgerichtsbarkeit zu vergleichen
Capeta unterscheidet die Sportschiedsgerichtsbarkeit von der Handelsschiedsgerichtsbarkeit aus zwei Gründen.
Erstens sei ein wesentliches Merkmal der Handelsschiedsgerichtsbarkeit die freiwillige Vereinbarung der Schiedsklausel durch beide Parteien. Dieses Merkmal rechtfertige es, im Bereich der Handelsschiedsgerichtsbarkeit die Kontrolle der nationalen Gerichte auf Fragen der öffentlichen Ordnung zu beschränken. Diese Rechtfertigung gelte jedoch nicht für die hier in Rede stehende Sportschiedsklausel. Die Sportschiedsklauseln der FIFA seien verbindlich. Die den Regeln der FIFA unterliegenden Sportakteure hätten keine andere Wahl, als ihre Streitigkeiten der Disziplinarkommission der FIFA und anschließend dem CAS vorzulegen. Die Überprüfung der im Rahmen dieses Systems ergangenen Schiedssprüche dürfe sich daher nicht auf Fragen der öffentlichen Ordnung beschränken; es müsse vielmehr eine umfassende gerichtliche Kontrolle möglich sein.
Zweitens sei das durch die Statuten der FIFA eingeführte Streitbeilegungssystem durch seinen eigenständigen Charakter gekennzeichnet. Im Gegensatz zu einer Partei der Handelsschiedsgerichtsbarkeit könne die FIFA den Schiedsspruch allein durchsetzen, indem sie den Spielern oder Vereinen oder Verbänden untersagt, an ihren Wettbewerben teilzunehmen. Mit anderen Worten: Die FIFA brauche sich nicht an ein Gericht zu wenden. Die Mitgliedstaaten müssten daher einen direkten Zugang zu einem Gericht gewähren, das befugt ist, die Vereinbarkeit der Regeln der FIFA mit dem Unionsrecht gerichtlich zu überprüfen, auch wenn ein Schiedsspruch des CAS, mit dem diese Regeln angewandt werden, vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigt wurde.