Gefährder können vor Abschiebung in normalem Gefängnis untergebracht werden

Islamistische Gefährder dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs unter bestimmten Umständen vor ihrer Abschiebung in einem gewöhnlichen Gefängnis untergebracht werden. Die Betroffenen müssten jedoch von den Strafgefangenen getrennt werden, befanden die Luxemburger Richter am 02.07.2020. Die Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung ist demnach nicht zwingend erforderlich.

Hessen ordnete Abschiebung eines Tunesiers an

Das Land Hessen hatte die Abschiebung eines Tunesiers angeordnet. Der Mann sei unter anderem wegen seiner radikal-islamistischen Gesinnung, der Einstufung durch den Verfassungsschutz als "Schleuser und Rekrutierer" für den Islamischen Staat (IS) und seine Tätigkeit für den IS in Syrien eine besondere Gefahr für die nationale Sicherheit, befanden die Behörden.

BGH ruft EuGH wegen Unterbringung in gewöhnlicher JVA an

Das Amtsgericht Frankfurt am Main ordnete schließlich an, den Betroffenen zur Sicherung seiner Abschiebung in einem gewöhnlichen Gefängnis unterzubringen. Dagegen legte der Mann, der mittlerweile abgeschoben wurde, juristische Schritte ein. Der Bundesgerichtshof bat den EuGH deshalb um Auslegung von EU-Recht (BeckRS 2018, 35794).

EuGH: Unterbringung bei Trennung von Strafgefangenen zulässig

Die Luxemburger Richter entschieden, das EU-Recht stehe einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach illegal im Land befindliche Drittstaatenangehörige zur Sicherung der Abschiebung getrennt von Strafgefangenen in einem normalen Gefängnis untergebracht werden dürfen, weil von ihnen eine tatsächliche, gegenwärtige oder hinreichend erhebliche Gefahr etwa für die innere Sicherheit ausgehe. Den Einzelfall muss der BGH prüfen.

EuGH, Urteil vom 02.07.2020 - C-18/19

Redaktion beck-aktuell, 2. Juli 2020.