Französische Gewerkschaft klagt gegen Berechnung der Wochenarbeitszeit
Die französische Gewerkschaft der Führungskräfte der inneren Sicherheit erhob in Frankreich wegen des Bezugszeitraums für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit der aktiven Beamten im Dienst der Police Nationale Klage gegen die Behörden. Das für diese Beamten geltende französische Dekret sieht vor, dass die wöchentliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum, einschließlich Überstunden, während eines Kalenderhalbjahrs 48 Stunden im Durchschnitt nicht überschreiten darf.
Gewerkschaft behauptet Verstoß gegen Arbeitszeitgestaltungsrichtlinie
Die Gewerkschaft macht geltend, die Bestimmung verstoße gegen die Arbeitszeitgestaltungsrichtlinie, weil zur Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit ein in Kalenderhalbjahren ausgedrückter Bezugszeitraum (fester Bezugszeitraum) und nicht ein Bezugszeitraum von sechs Monaten mit zeitlich flexiblem Beginn und Ende (gleitender Bezugszeitraum) herangezogen werde. Insbesondere die Ausnahme, wonach die Mitgliedstaaten den Bezugszeitraum auf bis zu sechs Monate ausdehnen könnten, sei rechtswidrig.
Feste Bezugszeiträume für Berechnung der Wochenarbeitszeit europarechtskonform?
Das in der Sache befasste französische Gericht fragte den Gerichtshof, ob die französische Regelung, die für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit Bezugszeiträume mit Beginn und Ende an festen Kalendertagen anstatt gleitender Bezugszeiträume vorsieht, mit den Bestimmungen der Richtlinie Arbeitszeitgestaltungsrichtlinie vereinbar sei.
EuGH hält französische Regelung grundsätzlich für zulässig
Der EuGH hat entschieden, dass eine nationale Regelung für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit Bezugszeiträume mit Beginn und Ende an festen Kalendertagen vorsehen kann. Eine solche Regelung müsse aber Mechanismen enthalten, die gewährleisten können, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden während jedes auf zwei aufeinanderfolgende feste Bezugszeiträume verteilten Sechsmonatszeitraums eingehalten werde.
Regelung muss aber Obergrenze für wöchentliche Arbeitszeit berücksichtigen
Grundsätzlich stehe es den Mitgliedstaaten zwar frei, die Bezugszeiträume nach der Methode ihrer Wahl zu bestimmen. Sie müssten aber beachten, dass durch die Arbeitszeitgestaltungs-Richtlinie ein besserer Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer gewährleistet werden soll, indem eine Obergrenze für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit vorgesehen ist. Diese Obergrenze stelle eine Regel des Sozialrechts der Union von besonderer Wichtigkeit dar, in deren Genuss jeder Arbeitnehmer als Mindestvorschrift zum Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit kommen müsse.
Bestimmung des Bezugszeitraums anhand fester Kalendertage per se nicht zu beanstanden
Die festen und gleitenden Bezugszeiträume stünden als solche mit diesem Ziel im Einklang, da sie die Prüfung ermöglichten, dass der Arbeitnehmer im Durchschnitt während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeite und dass die seine Gesundheit und seine Sicherheit betreffenden Erfordernisse somit beachtet würden. Hierbei komme es nicht darauf an, ob Beginn und Ende des Bezugszeitraums anhand fester Kalendertage oder zeitlich flexibel bestimmt werden.
Je nach Ausgestaltung aber Gefahr einer Überschreitung der Höchstarbeitszeitgrenze
Die Auswirkung fester Bezugszeiträume auf die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer hänge jedoch von allen einschlägigen Umständen wie der Art der Arbeit und den Arbeitsbedingungen sowie insbesondere der wöchentlichen Höchstarbeitszeit und der Dauer des von einem Mitgliedstaat herangezogenen Bezugszeitraums ab. Feste Bezugszeiträume könnten im Gegensatz zu gleitenden Bezugszeiträumen zu Situationen führen, in denen das Ziel des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer möglicherweise nicht erreicht werde. Die Methode des festen Bezugszeitraums könne einen Arbeitgeber dazu veranlassen, einem Arbeitnehmer während zweier aufeinanderfolgender fester Bezugszeiträume sehr viel Arbeitszeit aufzubürden, sodass er im Durchschnitt die wöchentliche Höchstarbeitszeit während eines Zeitraums überschreite, der, da er sich auf diese beiden festen Zeiträume verteilt, einem gleitenden Bezugszeitraum von gleicher Dauer entspräche.
Regelung muss Schutz-Mechanismen zu Einhaltung der Höchstarbeitszeit vorhalten
Deshalb müsse die Heranziehung fester Bezugszeiträume mit Mechanismen verbunden werden, die gewährleisten können, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden während jedes auf zwei aufeinanderfolgende feste Bezugszeiträume verteilten Sechsmonatszeitraums eingehalten werde. Dies habe das Instanzgericht vorliegend zu prüfen.