Flugverspätung: Ausgleichszahlung bei fehlenden Gepäckverladern fraglich

Ausgleichsansprüche wegen einer großen Flugverspätung können ausgeschlossen sein, wenn die Verspätung auf einen Mangel an Flughafenpersonal für die Gepäckverladung zurückzuführen ist. Denn das, so der EuGH, könne ein "außergewöhnlicher Umstand" sein.

Nach der Fluggastrechte-VO ist eine Fluggesellschaft nicht verpflichtet, für eine große Verspätung (von mehr als drei Stunden) Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn sie nachweisen kann, dass die Verspätung auf "außergewöhnliche Umstände" zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Ein von der Gesellschaft TAS ausgeführter Flug von Köln-Bonn zur griechischen Insel Kos hatte eine Verspätung von fast vier Stunden. Die Verspätung beruhte hauptsächlich darauf, dass der Flughafen Köln-Bonn zu wenig Personal für die Gepäckverladung in das Flugzeug hatte. Mehrere betroffene Fluggäste traten ihre etwaigen Ausgleichsansprüche an Flightright ab. Dieses Unternehmen klagte vor deutschen Gerichten gegen TAS und machte geltend, die Verspätung sei TAS zurechenbar und nicht durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt.

Personalmangel kann "außergewöhnlicher Umstand" sein

Das mit dem Rechtsstreit befasste deutsche Gericht legte die Sache dem EuGH vor. Dieser möge klären, ob es sich bei einem Mangel an Personal bei dem für die Gepäckverladung in die Flugzeuge verantwortlichen Flughafenbetreiber um einen "außergewöhnlichen Umstand" handeln kann. Der Gerichtshof bejahte dies nun (Urteil vom 16.05.2024 – C-405/23).

Ein Umstand sei außergewöhnlich, wenn er erstens weder seiner Natur noch seiner Ursache nach Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft und zweitens von ihr nicht tatsächlich beherrschbar sei. Ob diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, müsse das vorlegende Gericht zwar selbst entscheiden, der EuGH gab aber einige Hinweise. In einem ersten Schritt sei zu prüfen, ob die bei der Gepäckverladung festgestellten Mängel als allgemeine Mängel anzusehen sind. Falls ja, seien sie kein Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft. Zweitens müsse das deutsche Gericht beurteilen, ob die Airline die Mängel hätte beherrschen können. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Gesellschaft befugt wäre, den Flughafenbetreiber zu kontrollieren.

Sollte das Gericht feststellen, dass ein "außergewöhnlicher Umstand" vorlag, reiche das aber noch nicht, um eine Pflicht zu Ausgleichszahlung zu verneinen, so der EuGH weiter. Die Gesellschaft müsse zusätzlich nachweisen, dass sich der Personalmangel auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, und sie gegen die Folgen des Mangels alle der Situation angemessenen Vorbeugungsmaßnahmen ergriffen hat.

EuGH, Urteil vom 16.05.2024 - C-405/23

Redaktion beck-aktuell, bw, 16. Mai 2024.

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