Beide Fluggäste wollten von Düsseldorf nach Palma de Mallorca fliegen, um dort geschäftliche Termine wahrzunehmen. Die Fluggesellschaft Laudamotion kündigte jedoch eine Verspätung von mehr als drei Stunden an. Beide Männer beschlossen, den Flug nicht anzutreten. Der Erste fuhr deshalb gar nicht erst zum Flughafen, von wo aus der Flieger – ohne ihn – verspätet abhob und Mallorca mit rund dreieinhalb Stunden Verspätung erreichte. Der andere Geschäftsreisende buchte sich selbst einen Ersatzflug und kam so mit einer Verspätung von unter drei Stunden auf Mallorca an.
Beide Männer machten die pauschale Entschädigung von 250 Euro geltend, auf die Fluggäste bei Flügen unter 1.500 km Distanz bei einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit grundsätzlich Anspruch haben (Art. 6 Fluggastrechte-VO). Der BGH fragte den EuGH per Vorabentscheidungsersuchen, ob auf diese auch dann ein Anspruch besteht, wenn man sich gar nicht erst zur Abfertigung begeben oder aber eigeninitiativ mit einem Ersatzflug das Ziel doch mit weniger als drei Stunden Verspätung erreicht hat. Der EuGH lehnt die pauschale Entschädigung in beiden Fällen ab (Urteile vom 25.02.2024 - C-474/22; C-54/23).
Umbuchung nicht unangenehm genug
Beide Geschäftsreisenden hätten keinen Anspruch auf Zahlung der 250 Euro, weil sie keinen "irreversiblen Zeitverlust" und damit auch keinen im Sinne der pauschalen Ausgleichszahlung kompensationsfähigen Schaden erlitten hätten, urteilen die Richterinnen und Richter in Luxemburg.
Wer sich gar nicht erst zum Flughafen begebe, habe aller Wahrscheinlichkeit nach auch keinen Zeitverlust erlitten. Wer pauschal Ersatz für den Schaden wolle, den alle Fluggäste praktisch identisch einfach deshalb erleiden, weil sie Lebenszeit verlieren, muss sich laut dem Gerichtshof – anders als bei einem annullierten Flug - bei einer Flugverspätung zur Abfertigung am Airport einfinden. Einen Geschäftstermin zu verpassen, sei hingegen ein individueller Schaden, der von dem pauschalen Schadensersatzanspruch aus Art. 6 Fluggastrechte-VO gar nicht erfasst werde.
Auch dem Geschäftsreisenden, der selbst aktiv wurde und sich einen Ersatzflug gebucht hatte, mit dem er die Lieblingsinsel der Deutschen schließlich mit weniger als drei Stunden Verspätung erreichte, erging es nicht besser: Der EuGH stellt auch hier ausschließlich auf den Zeitverlust am Zielort ab, der mit dem Ersatzflieger unterhalb der anspruchsauslösenden Drei-Stunden-Schwelle lag. Schließlich solle die Fluggastrechteverordnung Ärgernisse und "große Unannehmlichkeiten" kompensieren. Sich selbst einen Ersatzflug zu organisieren, ist laut den Luxemburger Richterinnen und Richtern nicht unangenehm genug.