EuGH: Fluggesellschaften müssen unvermeidbare Steuern und Gebühren im Online-Preisangebot ausweisen

Fluggesellschaften müssen ab der Veröffentlichung ihrer Preisangebote im Internet die unvermeidbaren und vorhersehbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte ausweisen. Dazu zählten auch die Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge sowie die Gebühren für die Nutzung einer "Fremd-Kreditkarte", entschied der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 23.04.2020. Online-Check-In-Gebühren müssten angeben werden, wenn keine andere, kostenfreie Art des Check-Ins angeboten wird (Az.: C-28/19).

Geldbußen gegen Ryanair wegen unvollständiger Preisangaben verhängt

Im Jahr 2011 warf die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde Ryanair vor, auf ihrer Website Flugpreise veröffentlicht zu haben, in deren erstmaliger Angabe die Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge, die Gebühren für den Online-Check-In und die Gebühren für die Zahlung mit einer anderen als der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte gefehlt hätten. Die Behörde hielt diese Preisbestandteile für unvermeidbar und vorhersehbar. Deshalb seien sie dem Verbraucher ab der erstmaligen Angabe des Preises, also noch bevor mit einem Buchungsvorgang begonnen werde, mitzuteilen. Daher verhängte sie Geldbußen gegen Ryanair wegen unlauterer Geschäftspraktiken.

Preisbestandteile sofort auszuweisen?

Ryanair klagte vor den italienischen Verwaltungsgerichten auf Aufhebung der Entscheidung der Wettbewerbsbehörde. Im ersten Rechtszug wurde die Klage abgewiesen. Ryanair legte dagegen beim italienischen Staatsrat ein Rechtsmittel ein. Dieser wollte vom EuGH im Vorabentscheidungsverfahren wissen, ob die betreffenden Preisbestandteile unvermeidbar und vorhersehbar im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten sind und daher in der erstmaligen Veröffentlichung des Angebots ausgewiesen werden müssen. Der EuGH weist zunächst darauf hin, dass eine Fluggesellschaft in ihren Online-Angeboten bereits bei der erstmaligen Angabe des Preises den Flugpreis sowie – gesondert – die unvermeidbaren und vorhersehbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte ausweisen muss. Hingegen müsse es die fakultativen Zusatzkosten erst zu Beginn des Buchungsverfahrens klar und transparent mitteilen.

Online-Check-In-Gebühren bei fehlender kostenfreier Alternative sofort auszuweisen

Die Einordnung von Gebühren für den Online-Check-In hänge davon ab, ob es auch eine kostenfreie Art des Check-Ins gibt. Sei dies der Fall, handele es sich um fakultative Zusatzkosten, die im ursprünglichen Angebot nicht notwendigerweise ausgewiesen werden müssen. Gebe es nur kostenpflichtige Arten des Check-Ins, seien die Gebühren für den Online-Check-In hingegen als unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile einzustufen und müssten daher im ursprünglichen Angebot ausgewiesen werden.

Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge sofort auszuweisen

Auch die Mehrwertsteuer auf die Flugpreise für Inlandsflüge müsse im ursprünglichen Angebot ausgewiesen werden. Hingegen handele es sich bei der Mehrwertsteuer auf fakultative Zusatzleistungen für Inlandsflüge um fakultative Zusatzkosten, die erst zu Beginn des Buchungsverfahrens mitgeteilt werden müssten.

Gebühren für Nutzung einer "Fremd-Kreditkarte" ebenfalls sofort auszuweisen

Gebühren, die für die Zahlung mit einer anderen als der vom Luftfahrtunternehmen bevorzugten Kreditkarte erhoben werden, seien ebenfalls unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile und müssten daher im ursprünglichen Angebot ausgewiesen werden, so der EuGH weiter. Sie seien vorhersehbar, weil sie auf der Politik des Luftfahrtunternehmens im Hinblick auf die Zahlungsweise beruhen. Unvermeidbar seien sie, weil die dem Verbraucher ersichtlich überlassene Wahl in Wirklichkeit von einer vom Luftfahrtunternehmen vorgegebenen Bedingung abhängt. Danach sei die Leistung nur für einen beschränkten Kreis privilegierter Verbraucher kostenlos, während alle anderen Verbraucher entweder auf die Unentgeltlichkeit dieser Leistung oder auf den sofortigen Abschluss der Buchung verzichten und potentiell teure Schritte unternehmen müssten, um die Bedingung zu erfüllen, wobei sie Gefahr liefen, das Angebot nicht mehr oder nicht mehr zum ursprünglich angegebenen Preis wahrnehmen zu können.

EuGH, Urteil vom 23.04.2020 - C-28/19

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2020.

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