Flugausfall: Passagiere können sich online für Reisegutschein entscheiden

Solange Fluggästen, deren Flug ausgefallen ist, klar ist, welche Optionen sie haben, können sie sich auch per Online-Formular entscheiden, statt Geld einen Gutschein der Fluggesellschaft zu akzeptieren. Diese praktische Online-Auswahl zu verbieten, wäre nach Ansicht des EuGH nicht im Interesse der Reisenden.

Wenn etwas schief gegangen ist, sind Gutscheine aus Unternehmenssicht weit angenehmer als Entschädigungszahlungen. Das Unternehmen muss kein Geld auszahlen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Kundschaft auch den nächsten Einkauf bei ihm tätigt, schließlich wird es ja billiger. Das gilt auch und gerade für Fluggesellschaften. So bot die portugiesische Fluglinie TAP Reisenden bei einem annullierten Anschlussflug zwei Möglichkeiten zur Auswahl an: Entweder eine direkte Erstattung des Flugpreises per Reisegutschein oder eine Prüfung des Sachverhalts durch das "Contact-Center" der Gesellschaft, die dann beispielsweise eine Rückzahlung des Preises veranlasste.

Eine Passagierin entschied sich für den Gutschein und erhielt diesen auch sofort per Mail. Zwei Monate später trat sie aber ihre Ansprüche auf Rückzahlung der Reisekosten an einen Dienstleister ab. Beim LG Frankfurt a. M. verteidigte sich die Fluglinie gegen dessen Klage mit Verweis darauf, durch den Reisegutschein die Ansprüche aus dem Flugausfall beglichen zu haben. Nach ihren Bedingungen schließe die Wahl des Gutscheins die Erstattung des Preises aus.

EuGH: Ein Online-Formular reicht aus

Auch das LG hatte Bedenken, ob das Vorgehen des Unternehmens, über die Webseite den Verzicht auf eine Barerstattung zugunsten eines Gutscheins zu ermöglichen, zulässig war: Nach Art. 7 Abs. 3 Fluggastrechte-VO bedarf die Erstattung einer Ausgleichszahlung durch einen Reisegutschein nämlichen des "schriftlichen Einverständnisses" des Reisenden. Man könne, so die Frankfurter Richterinnen und Richter, die Vorschrift so verstehen, dass der Einsatz eines Online-Formulars damit unzulässig sei.

Der EuGH (Urteil vom 21.03.2024 – C 76/23 - Cobult) teilte zumindest diese grundsätzliche Sorge nicht. Die Luxemburger Richterinnen und Richter führten am Dienstag aus, dass davon auszugehen ist, dass der Fluggast einer Erstattung der Flugscheinkosten in Form eines Reisegutscheins im Sinne der Verordnung zugestimmt hat, wenn er auf der Website des Luftfahrtunternehmens ein Formular ausgefüllt und damit auf die Erstattung der Flugscheinkosten in Form eines Geldbetrags verzichtet hat. "Würde man ausschließen, dass das 'schriftliche Einverständnis des Fluggasts' mit einer Erstattung der Flugscheinkosten in Form eines Reisegutscheins mittels eines vom Fluggast auf der Website des ausführenden Luftfahrtunternehmens auszufüllenden Formulars erteilt werden kann, erschiene dies nämlich nicht nur überzogen, sondern auch unangemessen…", schreibt der EuGH.

Der damit verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand für die Gesellschaften und die damit drohende Verzögerung der Erstattung liege weder im Interesse der Fluglinie noch in dem der Reisenden. Das Gericht betonte allerdings, dass die Fluggäste eine informierte und damit freie Entscheidung treffen können müssen. Dazu seien die Luftfahrtunternehmen verpflichtet, "in lauterer Weise klare und umfassende Informationen über die verschiedenen Erstattungsmodalitäten" bereitzustellen.

EuGH, Urteil vom 21.03.2024 - C‑76/23

Redaktion beck-aktuell, md, 21. März 2024.