Flüchtlingskrise: Grenzkontrollen Österreichs wohl rechtswidrig
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Die im Zuge der Flüchtlingsbewegung 2015 zwischen Österreich und Slowenien eingeführte Grenzkontrollen dürften europarechtswidrig sein. Der Europäische Gerichtshof wies in einem Urteil vom Dienstag darauf hin, dass Staaten solche Kontrollen nur im Fall "einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit" verlängern dürfen (Az.: C-368/20). "Im vorliegenden Fall scheint Österreich (...) nicht nachgewiesen zu haben, dass eine neue Bedrohung vorliegt." Eine abschließende Entscheidung liegt jedoch beim zuständigen Gericht in Österreich.

Urteil könnte auch Deutschland tangieren

Hintergrund ist ein Verfahren, bei dem sich ein Slowene nach Einführung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich zweimal geweigert hatte, seinen Pass zu zeigen. Er erhielt dafür eine Geldstrafe von 36 Euro. Der Kläger war jedoch der Meinung, dass die Kontrollen gegen EU-Recht verstießen und klagte vor einem Gericht in Österreich. Der Argumentation des Urteils zufolge könnten auch von Deutschland seit Jahren immer wieder verlängerten Grenzkontrollen zu Österreich rechtswidrig sein. Berlin begründete die Kontrollen einem Dokument der EU-Kommission zufolge zuletzt immer wieder mit sogenannter Sekundärmigration von einem EU-Land ins andere und mit der Situation an den EU-Außengrenzen. Eigentlich gibt es innerhalb des Schengen-Raums keine stationären Grenzkontrollen. Bei einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung dürfen diese jedoch befristet eingeführt werden.

EuGH: Binnengrenzen nur in Ausnahmefällen

Deutschland, Österreich und andere Staaten verlängern die Maßnahmen jedoch seit Jahren regelmäßig. In seinem Urteil weist der Gerichtshof nun darauf hin, dass der Schengenraum eine der größten Errungenschaften der EU sei. "Die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen muss daher eine Ausnahme bleiben und sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden."

EuGH, Urteil vom 26.04.2022 - C-368/20

Gitta Kharraz, Redaktion beck-aktuell, 26. April 2022 (dpa).