Finanzierungsgewährung im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrags mehrwertsteuerfrei

Die Gewährung einer Finanzierung im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrags an den "Originator", der im Gegenzug die Einnahmen aus den im Vertrag bezeichneten Forderungen an den Unterbeteiligten zahlt, ist von der Mehrwertsteuer befreit. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Sie stelle eine Kreditgewährung im Sinn der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG dar.

Investmentfonds plante Unterbeteiligungsverträge mit Banken

Ein polnischer Investmentfonds plante den Abschluss von Unterbeteiligungsverträgen mit Banken oder Investmentfonds. Durch die geplanten Verträge verpflichtet er sich als Unterbeteiligter, diesen eine Finanzierung zu gewähren. Im Gegenzug verpflichten sich die "Originatoren", dem Unterbeteiligten die Einnahmen aus den im Unterbeteiligungsvertrag bezeichneten Forderungen zu überweisen. Dabei bleiben die Schuldtitel im Vermögen der Originatoren. Die Differenz zwischen dem Prognosewert der Einnahmen aus den Forderungen und der Höhe der vom Unterbeteiligten ausgezahlten Finanzierung stellt das Entgelt für den Unterbeteiligten dar.

Mehrwertsteuerbefreiung für Unterbeteiligten in Steuervorbescheid verneint

Um klären zu lassen, ob die von ihm als Unterbeteiligter zu erbringenden Leistungen von der Mehrwertsteuer befreit sein könnten, beantragte der Investmentfonds beim polnischen Finanzminister für Finanzen die Erteilung eines Steuervorbescheids. Der Minister vertrat die Ansicht, die Umsätze des Unterbeteiligten unterlägen dem allgemeinen Mehrwertsteuersatz von 23%. Der Investmentfonds erhob gegen den Steuervorbescheid Klage. Das polnische Oberste Verwaltungsgericht rief den EuGH zur Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG an. Es wollte wissen, ob es sich bei der Leistung des Unterbeteiligten um eine von der Mehrwertsteuer befreite Kreditgewährung handele.

EuGH: Leistung des Unterbeteiligten ist mehrwertsteuerbefreite Kreditgewährung

Der EuGH hat die Frage bejaht. Im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrags erbrachte Finanzdienstleistungen seien von der Mehrwertsteuer befreit. Bei den Leistungen des Unterbeteiligten handele es sich um die "Gewährung von Krediten" im Sinn von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG. Die Dienstleistung, die der Unterbeteiligte dem Originator erbringe, erschöpfe sich in einer einzigen Leistung, die im Wesentlichen in der Auszahlung von Kapital gegen Entgelt bestehe.

Unterbeteiligter trägt Kreditrisiko

Der Unterbeteiligte trage dabei das jedem Kreditgeschäft inhärente Kreditrisiko. Dabei sei es unerheblich, ob sich dieses Risiko aus dem Zahlungsausfall der Schuldner der Forderungen, aus denen die Einnahmen auf ihn übertragen werden, oder aus der Zahlungsunfähigkeit seines unmittelbaren Vertragspartners ergibt. Der Einstufung des in Rede stehenden Vertrags als Kreditgewährung stehe auch weder entgegen, dass Garantien zugunsten des Unterbeteiligten fehlen noch dass der Unterbeteiligte im Fall eines Forderungsausfalls den Originator nicht unmittelbar in Regress nehmen kann noch dass die Schuldtitel im Vermögen des Originators verbleiben.

EuGH, Urteil vom 06.10.2022 - C-250/21

Redaktion beck-aktuell, 6. Oktober 2022.